Pressemitteilung Diakonie Hamburg, 15. April 2025
Diakonie kritisiert Abschiebungen von Kindern und vulnerablen Personen – Abschiebungsbeobachtung legt Jahresbericht vor
Der Jahresbericht der Abschiebungsbeobachtung der Diakonie am Hamburger Flughafen zeigt, dass ein Teil der durchgeführten Abschiebungen problematisch hinsichtlich der Menschen- und Kinderrechte durchgeführt wurden. Für Kinder stellen Abschiebungen eine besonders große Belastung dar. Sie sind von nächtlichen Abholungen betroffen, werden Zeugen von Zwangsanwendung gegen ihre Eltern oder gar von Familienmitgliedern getrennt. Die UN-Kinderrechtskonvention ist in unserer Landesverfassung verankert und garantiert den Schutz von Kindern und Jugendlichen. Ihr Wohl muss stets im Mittelpunkt stehen. Auch Menschen mit psychischen Belastungen und Erkrankungen sind vulnerabel und müssen besonders geschützt werden. Es gibt Fälle, in denen psychische Ausnahmesituationen als Simulation oder passiver Widerstand gewertet wurden. Auch Suizidversuche kamen vor – und die Abschiebung wurde trotzdem vollzogen.
Haiko Hörnicke, Leiter des Arbeitsbereichs Migration und Internationales der Diakonie Hamburg: „In einem zunehmend rauen Klima ist Transparenz bei Abschiebungen essenziell. Die Würde jedes Einzelnen muss geachtet und vulnerable Gruppen besonders geschützt werden. Die UN-Kinderrechtskonvention gilt uneingeschränkt. Daher müssen nächtliche Abholungen, die Anwendung von Zwang gegen die Eltern und die Trennung von Familien gestoppt werden.“
Merle Abel, Abschiebungsbeobachterin der Diakonie Hamburg: „Manche Personen wurden im letzten Berichtszeitraum direkt nach Suizidversuchen unter Anwendung von Zwang abgeschoben. Ein Mann hatte tiefe Schnitte, darüber trug er einen Verband und Fesseln. Die Wunden wurden am Flughafen versorgt – dann wurde er abgeschoben. Aus rechtlicher Sicht wurde die Abschiebung für zulässig erklärt.“
Hörnicke: „Die Abschiebung von Menschen unmittelbar nach einem Suizidversuch ist unverhältnismäßig. Wir können nicht verantworten, dass die Menschen in so einer Situation im Zielland sich selbst überlassen werden.“
Wir beobachten mit Sorge, dass Migration zunehmend als Problem dargestellt wird. Doch Migration ist eine Chance für unsere Gesellschaft! In Zeiten migrationspolitischer Veränderungen betont die Diakonie Hamburg, zu beachten, dass Menschen, die zu uns kommen das soziale, wirtschaftliche und kulturelle Leben bereichern. Sie tragen aktiv zu einem starken und vielfältigen Miteinander bei. Es ist zu befürchten, dass die im Koalitionsvertrag beschlossene „Rückführungsoffensive“ auf Kosten der Menschenrechte durchgesetzt wird.
Der Jahresbericht ist auf der Webseite der Diakonie Hamburg veröffentlicht. Auf Grundlage des Jahresberichts berichtet die Abschiebungsbeobachterin den Mitgliedern des Innenausschusses der Hamburgischen Bürgerschaft in einer öffentlichen Sitzung im Spätsommer.
Hintergrund:
Das Projekt des Diakonischen Werkes zielt darauf ab, Abschiebungen am Hamburger Flughafen zu beobachten und zu dokumentieren, ob die Grund- und Menschenrechte der Betroffenen bei den Vollzugsmaßnahmen der Bundespolizei gewahrt und die Verhältnismäßigkeit gewährleistet wird. Unsere Abschiebebeobachterin Merle Abel steht allen an Abschiebungen beteiligten Personen als Ansprechpartnerin zur Verfügung. Die quartalsweisen Berichte und Problemanzeigen von Frau Abel werden im Hamburger Flughafenforum diskutiert, einem Gremium, das Vertreter*innen der Bundespolizei, der Landesbehörden aus Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern sowie von zivilgesellschaftlichen Organisationen zusammenbringt. Die abgestimmten Ergebnisse dieser Gespräche werden einmal jährlich veröffentlicht. Das Projekt wird finanziert durch die Behörde für Inneres und Sport. Das Forum wird von Staatsrat a.D. Hans-Peter Strenge moderiert.