Berlin, 21.11.2023. In einem gemeinsamen Aufruf fordern 52 Nichtregierungsorganisationen, Seenotrettung und humanitäre Hilfe nicht zu kriminalisieren und den Gesetzentwurf von Innenministerin Nancy Faeser zur möglichen Strafbarkeit von Nothilfe für Flüchtende zurückzunehmen.
Das Bundesinnenministerium hat einen Entwurf für eine Änderung im Aufenthaltsgesetz vorgelegt, wonach Seenotrettung auf dem Mittelmeer mit bis zu 10 Jahren Gefängnis bestraft werden könnte, sollte der Bundestag das Gesetz beschließen.
„Der Kriminalisierungsversuch von humanitär Helfenden durch die deutsche Bundesregierung steht im krassen Widerspruch zu der Pflicht, Menschen in Seenot zu retten“, sagt Till Rummenhohl, Geschäftsführer von SOS Humanity. „Sollte diese Änderung des Aufenthaltsgesetzes vom Bundestag bestätigt werden, verlieren wir in Deutschland die Rechtssicherheit für unsere lebensrettenden Arbeit auf See. Seenotretterinnen und -retter werden zum juristischen Freiwild für politisch rechts orientierte Staatsanwaltschaften und jene antidemokratischen Kräfte, die hinter ihnen stehen. Wer Strafverfolgung von zivilen Retterinnen und Rettern Tür und Tor öffnet, entlarvt das eigene Bekenntnis zur Seenotrettung als reine Augenwischerei. Wir appellieren an die Abgeordneten des Bundestages, diesen fatalen Entwurf zu stoppen – sonst werden noch deutlich mehr Menschen im Mittelmeer ertrinken.“
Die Änderung des Paragrafen 96 des Aufenthaltsgesetzes, der den Straftatbestand des Einschleusens von Ausländern betrifft, wurde vom Bundesinnenministerium im Rahmen des vom Kabinett beschlossenen „Rückführungsverbesserungsgesetz“ vorgeschlagen und soll von den Regierungsfraktionen im Bundestag eingebracht werden. SOS Humanity fordert gemeinsam mit 52 Nichtregierungsorganisationen das Bundesinnenministerium dazu auf, die Änderung zurückzunehmen. Wenn dies nicht geschehe, müsse das Gesetzt dringend von den Abgeordneten im Bundestag gestoppt werden. Es kriminalisiere humanitär Helfende und setze sie der Strafverfolgung aus, so das Hauptargument.
Lesen Sie hier die vollständige Stellungnahme, die neben den zivilen Seenotrettungsorganisationen u.a. gezeichnet wurde von Amnesty International Deutschland, Arbeiter-Samariter Bund Deutschland, Ärzte ohne Grenzen Deutschland, Brot für die Welt Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V., Kindernothilfe e.V., Der Paritätische Gesamtverband, PRO ASYL, SOS-Kinderdörfer e.V., terre des hommes, u.v.m.
Hier finden Sie eine kurze juristische Einschätzung zu den Folgen der Änderung durch das BMI, erstellt von R.A. David Werdermann und der Juristin Vera Magali Keller.
Am 9. November hat SOS Humanity gemeinsam mit Sea-Watch, United4Rescue und weiteren NGOs eine Petition gestartet, die bis zum 20. November bereits mehr als 109.000 Unterschriften erzielt hat.