24. September 2020 – Der Rat für Migration e.V. verkündet „der Migrationspakt bringt keinen Durchbruch“ und die RfM-Mitglieder*innen unterzeichnen eine Pressemitteilung zum EU-Migrationspakt, in der sie verlautbaren:
„Der Migrationspakt der EU-Kommission stellt aus der Perspektive der Flucht- und Migrationsforschung eine radikale Abkehr von europäischen Grundwerten und Prinzipien des international verankerten Flüchtlingsschutzes dar. Statt die Prävention von erzwungener Migration und den Schutz von Geflüchteten zu stärken, setzt er aufmehr Grenzschutz durch den Ausbau von FRONTEX und grenznahe Screenings und Lager, und koppelt Rückführungen mit einem vagen neuen Verteilungssystem.“
Weiter heißt es, dass die Lage der Flüchtlinge, die nach dem Brand in Moria mit Polizeigewalt in mit Stacheldraht eingezäunte Lager getrieben werden, sich durch diese Maßnahmen kaum verbessern dürfte.
„Das Mantra ‚2015 dürfe sich nicht wiederholen‘ steht jeder rationalen Politik im nationalen und europäischen Rahmenim Weg. Der Pakt fußt auf Angst und Mythen, wie die Sorge vor einem Sogeffekt durch die Verteilungder Geflüchteten, der Überforderung unserer Gesellschaften oder dem Mythos, mit mehr Grenzschutz internationale Fluchtprozesse ordnen zu können. Dagegen weist die Forschung wiederholt nach, dass Fluchtbewegungen multifaktoriell sind, sich „2015“ nicht wiederholt und zudem die Aufnahmefähigkeit und -bereitschaft unserer Gesellschaften groß war und ist. Das Mantra eignet sich daher nicht als Rechtfertigung, die Flüchtlingskonvention, UN-Familien-und Kinderrechtsabkommen, die internationale Seerechtskonvention, oder die europäische Istanbul-Konvention zu missachten.“
Anhand der eigenen Forschung könne RfM nachweisen, dass Europa mehr flüchtende Menschen aufnehmen könne, ohne Angst vor einem „Pull-Effekt“ haben zu müssen. Zudem legen sie dar, dass Deutschlands Wirtschaft nicht unter dem Flüchtlings-Zuzug gelitten habe und die Gesellschaft weiterhin aufnahmefähig sei. Auch habe die derzeitige Flüchtlingspolitik demgegenüber zu einer Barbarisierung an und jenseits der EU-Außengrenzen geführt und von einer migrationspolitischen Zusammenarbeit mit Herkunftsländern und -regionen „auf Augenhöhe“ könne nicht die Rede sein. Und zuletzt werde die Forcierung der Rückführungspolitik und ihre Koppelung mit der Frage der Verteilung der Notwendigkeit eines neuen solidarischen Verteilungsprinzips nicht gerecht.
Am Ende wird appelliert: „Europa steht an der Schwelle: Es kann weiter die Aufrüstung seiner Grenzen betreiben und hierbei seine eigenen Werte aufgeben; oder endlich zur Besinnung kommen und sich nicht weiter von menschenfeindlichen Stimmungen in eine Barbarisierung seiner Grenzräume drängen lassen. Aus der Sicht der Forschung, ginge es jetzt darum in Anlehnung an den green new deal einen new social global deal auszurufen, und einen europäischen Dialog zu starten, der Europa –wie es die Präsidentin der EU-Kommission ankündigte –wirklich zu einer Union macht, die dem Schutz des Lebens aller verpflichtet ist.“
Zur vollständigen Pressemitteilung – auch mit Ausführungen der Forschungsbefunde – klicken Sie hier