Griechenland-News

Streiks auf Lesbos wegen schlimmer Lage in Flüchtlingslagern

20.11.2017
Athen. Aus Protest gegen die dramatische Lage in den Flüchtlingslagern auf Lesbos sind die meisten Geschäfte, die Schulen und die Kommunalbehörden auf der griechischen Ostägäis-Insel am Montag geschlossen geblieben. Zu dem Generalstreik hatte der Bürgermeister der Inselhauptstadt Spyros Galinos aufgerufen. Am Vormittag gingen Hunderte Menschen auf die Straßen. »Entlastet unsere Insel. Die Menschen (Flüchtlinge) leben unter miserablen Bedingungen«, hieß es auf Transparenten, wie das griechische Fernsehen berichtete. »Lesbos ist kein offenes Gefängnis«, sagte Bürgermeister Galinos griechischen Medien am Montag.

Es könne nicht sein, dass im Raum der Inselhauptstadt Mytilini mehr als 8000 Migranten in zwei Lagern zusammengepfercht leben müssen. Das sei das Dreifache der Kapazität der Aufnahmelager. Dringend müssen sie zum Festland gebracht werden, so Galinos weiter. Die Migranten müssten Monate auf die Bearbeitung ihrer Asylanträge warten. Und immer kämen neue Flüchtlinge dazu. In einem Flüchtlingslager auf der Insel war es am Vorabend zu Krawallen gekommen, wie Augenzeugen im griechischen Fernsehen berichteten. dpa/nd

 

Flüchtlinge Generalstreik auf Lesbos

Inselbewohner wollen auf die schlechte Lage für Flüchtlinge auf der griechischen Insel Lesbos aufmerksam machen.

Es ist ein Hilferuf: Auf der griechischen Ägäisinsel Lesbos sollen an diesem Montag alle Behörden, Betriebe und Geschäfte geschlossen bleiben. Mit einem Generalstreik wollen die Inselbewohner auf die katastrophalen Umstände aufmerksam machen, unter denen rund 8300 Flüchtlingen und Migranten auf der Insel leben – in Unterkünften, die nur für 3244 Menschen Platz bieten.
Immer wieder habe er an die Regierung in Athen appelliert, endlich zu handeln und Menschen aus den überfüllten Lagern aufs Festland umzusiedeln, sagt der Inselbürgermeister Spyros Galinos. Doch die Regierung bleibe untätig. Das Chaos in den Flüchtlingslagern werde jeden Tag schlimmer, sagt Galinos. Mit dem Generalstreik hofft der Bürgermeister, die Politiker im fernen Athen endlich zum Handeln zu bewegen.

 

In Moria leben 6500 Menschen – 40 Prozent davon sind Kinder

Das Auffanglager Moria, in dem die Ankömmlinge registriert werden, hat eine Kapazität von 2330 Bewohnern; tatsächlich sind hier aber fast 6500 Menschen untergebracht. Rund 40 Prozent von ihnen sind Kinder. Außerdem leben in dem Lager mehrere hundert unbegleitete Minderjährige. Mehr als 1000 weitere Flüchtlinge hausen in Campingzelten in der Umgebung, weil sie keine Unterkunft im Lager finden. Ganze Familien teilen sich Zelte, die für zwei Personen bemessen sind und weder vor Nässe noch Kälte ausreichenden Schutz bieten. Es fehlt an allem: Die Menschen frieren und sind durchnässt, sie haben keine frische Kleidung, es gibt nicht genug Waschmöglichkeiten, die hygienischen Zustände sind desaströs.

Migrationsminister Giannis Mouzalas in Athen sagt, ihm seien die Hände gebunden. Nach den Bestimmungen des Flüchtlingsabkommens, das die EU im Frühjahr 2016 mit der Türkei schloss, müssen die Schutzsuchenden so lange auf den griechischen Inseln bleiben, bis über ihre Asylanträge entschieden ist. Nur wer Asyl bekommt, darf aufs Festland weiterreisen. Wer abgelehnt wird, muss in die Türkei zurück. Aber weil sich die Asylverfahren teils über mehr als ein Jahr hinziehen, funktionieren bisher weder die Weiterreisen noch die Rückführungen. Seit Inkrafttreten des Abkommens wurden erst 1443 Menschen in die Türkei zurückgebracht. Zum Vergleich: Allein auf Lesbos wurden in den ersten beiden November-Wochen 1310 Neuankömmlinge gezählt.

Ähnlich wie in Lesbos sieht es auf den Nachbarinseln Chios und Samos aus. Dort leben aktuell 4436 Flüchtlinge in Unterkünften, die nur für 1594 Personen ausgelegt sind. Kritiker werfen den griechischen Behörden und der EU vor, sie duldeten die schlimmen Zustände in den Lagern, um weitere Flüchtlinge und Migranten davon abzuhalten, über die Ägäis zu kommen.