Am 1. November 2017 ist eine Gruppe von 14 Geflüchteten auf dem Syntagma Square in Athen, Griechenland, in den Hungerstreik getreten. Seit über vier Monaten protestieren Geflüchtete in Griechenland gegen die Verzögerungen der Familienzusammenführung. Aktuell sitzen mehr als 4500 Menschen in Griechenland fest, getrennt von ihren Angehörigen. Am Mittwoch, den 08. November gab es eine Kundgebung von Familienangehörigen und Unterstützenden vor dem Bundesinnenministerium in Berlin.
ProAsyl hat zu der Taktik der Bundesregierung die Familienzusammenführung zu verzögern und den Hungerstreik folgende Presseerklärung rausgegeben:
Athen und Berlin: Flüchtlinge protestieren gegen Verschleppung der Familienzusammenführung
PRO ASYL: Das rechtswidrige und unbarmherzige Handeln des BMI muss aufhören.
Tausende Schutzsuchende sitzen in Griechenland fest, obwohl sie einen Rechtsanspruch auf Familienzusammenführung haben. In Athen sind nun am vergangenen Mittwoch 14 Flüchtlinge in Hungerstreik getreten. Sie fordern eine zügige Wiedervereinigung mit ihren Familien in Deutschland. Ihre Angehörigen hier schließen sich dem Protest an – mit einer Demo heute am 8. November in Berlin. Parallel soll in Athen eine Demonstration bis vor die deutsche Botschaft ziehen.
PRO ASYL fordert umgehend, Familienangehörigen die Einreise aus Griechenland zu erlauben – das ist geltendes EU- Recht. »Das rechtswidrige und unbarmherzige Handeln des Bundesinnenministeriums muss aufhören!« so Karl Kopp, Europareferent von PRO ASYL. Die sondierenden Parteien müssen sich mit den skandalösen Menschenrechtsbrüchen an Europas Grenzen befassen und für eine Beendigung eintreten.
Obwohl sie Familienmitglieder in Deutschland haben und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) der Familienzusammenführung zugestimmt hat, sitzen über 4.500 Schutzsuchende in Griechenland fest – darunter knapp 3.000 Kinder und Jugendliche.
Die betroffenen Familien protestieren seit Monaten gegen die Verschleppung der Überstellungen nach Deutschland. Familienzusammenführungen im Rahmen der Dublin III-Verordnung sind kein Gnadenakt, sondern die Betroffenen haben einen Rechtsanspruch. Ihnen steht nach der Asylzuständigkeitsregelung die Überstellung zu ihren Angehörigen innerhalb von sechs Monaten zu.
Aus der Antwort der Bundesregierung auf eine schriftliche Anfrage der Fraktion der LINKEN geht hervor, dass das BAMF vom 1. Januar bis 20. September 2017 insgesamt in 4.948 Fällen Zustimmungen zur Überstellung nach Deutschland erteilt hat. Aber lediglich 322 Schutzsuchende wurden im gleichen Zeitraum tatsächlich überstellt.
Im Mai 2017 war bekannt geworden, dass aufgrund einer Verabredung zwischen dem Bundesinnenministerium und dem griechischen Migrationsministerium die Überstellungszahlen nach Deutschland drastisch gedrosselt wurden. Die Folge: Über 4.500 Schutzsuchenden – der Großteil stammt aus Syrien, Afghanistan und dem Irak – wird das Recht auf Familienleben aufgrund eines illegalen Deals verweigert.
Die Hungerstreikenden auf dem Athener Syntagma-Platz fordern, den sofortigen Transfer aller Familienmitglieder, bei denen die Frist von sechs Monaten bereits überschritten ist. Zudem sollen die Reisekosten im Einklang mit den europäischen Vorschriften übernommen werden. Die Flüchtlinge kritisieren auch die fehlende Transparenz des »Auswahlverfahrens«: Bislang findet die sogenannte Priorisierung von Härtefällen für die Transfers nach Deutschland in einer völligen Grauzone statt.
Was es für Schutzsuchende bedeutet, zum Teil lange Zeit in einer Warteposition und von ihren Angehörigen getrennt zu leben, haben einige der Protestierenden einer Mitarbeiterin unserer griechischen Partnerorganisation RSA geschildert, mehr dazu finden Sie hier.
Das RSA-Team in Athen, Lesvos und Chios setzt das PRO ASYL-Flüchtlingsprojekt in Griechenland um, dokumentiert Menschenrechtsverletzungen, leistet Rechtshilfe und soziale Unterstützung für Asylsuchende und Flüchtlinge.
Weitere Informationen:
http://hungerstrike.commonstruggle.eu/