Seebrücke Hamburg

Mit der SEEBRÜCKE-Großdemonstration am 2. September 2018 haben wir ein gemeinsames Zeichen gesetzt gegen die Politik der Angst und der Abschottung, wie sie von vielen europäischen Regierungen betrieben wird. Die Demonstration wurde getragen von aktiven Menschen, von Bündnissen und Organisationen aus verschiedenen Bereichen der Zivilgesellschaft und der antirassistischen Bewegung. Bei aller Unterschiedlichkeit sind wir uns einig in drei zentralen Punkten:

1. Das Ertrinkenlassen von Menschen ist falsch und muss aufhören.
2. Seenotrettung ist eine humanitäre Pflicht und kein Verbrechen.
3. Es muss sichere Fluchtwege nach Europa geben.

Wir wollen, dass sich die Hansestadt Hamburg zu diesen Zielen bekennt und entsprechend handelt. Unsere Stadt soll zum SICHEREN HAFEN werden, in dem Gerettete und Geflüchtete Aufnahme finden und in Sicherheit leben können.

Informationen zum Bündnis und weiteren Aktionen finden Sie hier: http://seebruecke-hamburg.de/

Redebeitrag von Heiko Habbe

„Wie eng wir heute auch stehen: Wir stehen immer auf Lücke. Und zwischen uns, da steht die Trauer, steht der Schmerz. Die Trauer um die, die im Mittelmeer ertrunken und in der Wüste geblieben sind, der Schmerz um die, die in libyschen Folterlagern stecken.

Wir trauern um mindestens 1.500 Menschen, die allein in diesem Jahr im Mittelmeer ums Leben kamen. Die starben, weil niemand ihnen zu Hilfe kam. Wie die junge Anwältin Freshta aus Afghanistan, ertrunken Ende März in der griechischen Ägäis mit fast ihrer ganzen Familie, weil eine Rettungsaktion der Küstenwache 24 Stunden zu spät gestartet wurde. Wir trauern um sie und am alle, deren Namen wir nicht kennen.

Wir trauern auch um Daniel Hillig. Er starb vor einer Woche in Chemnitz. Aber unsere Trauer treibt uns nicht dazu, Hass und Hetze zu verbreiten. Unsere Trauer ist Solidarität, Solidarität mit Daniels Familie, mit allen, die sich in Chemnitz und überall den Rechtsextremisten und Rassisten in den Weg stellen. Und zu denen Daniel Hillig auch gehört hätte. Lasst uns heute gemeinsam ein starkes Zeichen dieser Solidarität senden, nach Sachsen und in die ganze Republik. Unser Motto: #HerzStattHetze!

Und dass wir zusammenstehen, ist auch bitter notwendig. Denn ich habe das Gefühl, dass in dieser Gesellschaft zunehmend etwas ins Rutschen kommt. Dass wir uns von gemeinsamen Grundwerten wie Humanität und Rechtsstaatlichkeit zunehmend entfernen.

Wir erleben, dass viele von den Bildern des Sterbens im Mittelmeer so abgestumpft sind, dass ernsthaft darüber diskutiert wird, ob man Schiffbrüchige retten oder es lieber lassen soll. Aber es ist nicht zu ertragen, dass wir Politik auf dem Rücken von Menschenleben machen. Seenotrettung ist unverhandelbar, und sie muss es auch bleiben, weil das Leben jedes Menschen wertvoll ist.

Die Humanität geht uns sonst verloren, und ich habe Sorge, dass wir auch den Rechtsstaat aufgeben. Rechtsstaat ist ja nicht da, wo Behörden maximale Härte zeigen. Sondern da, wo ihre Macht gezügelt wird durch Gesetze und Gerichte. Rechtsstaat ist, wo der Schwache Schutz findet. Und deshalb: Wenn abgeschoben wird um jeden Preis, aus laufenden Verfahren, gegen Gesetz und Gerichtsentscheidung, wenn Menschen hinterher verschwinden oder sich das Leben nehmen: dann geben wir den Rechtsstaat preis. Politiker, die meinen, Gerichte müssten nach dem „gesunden Rechtsempfinden der Bevölkerung“ entscheiden: die geben den Rechtsstaat preis. Eine Polizei, die randalierenden Hooligans und Neonazis die Straße überlässt, die Unbeteiligte nicht vor Gewalttätern schützen kann, die gibt den Rechtsstaat preis. Ein Innenminister, der zu alledem schweigt, der nach zwei Tagen rechter Hetzjagden nicht mehr über die Lippen bringt, als das „Verständnis“ für die „Betroffenheit in der Bevölkerung“, der gibt den Rechtsstaat preis. Und hier müssen wir auch Verantwortlichkeit einfordern, und wir fordern: Herr Seehofer, treten Sie zurück!

Damit das Sterben im Mittelmeer ein Ende hat, fordern wir: Seenotrettung jetzt! Die Schiffe müssen von der Kette, und die Besatzungen dürfen nicht kriminalisiert werden.

Damit das Geschachere um Flüchtlingsaufnahme in Europa ein Ende hat, fordern wir im Hamburger Appell: Hamburg muss zum sicheren Hafen werden! Köln, Bonn, viele Städte, zuletzt Bremen, sind da schon einen Schritt weiter. Herr Tschentscher, öffnen Sie das Tor zur Welt für gerettete Flüchtlinge aus dem Mittelmeer!

Damit der rechte Hass nicht die Oberhand gewinnt, fordern wir die Straße zurück. Wir treten ein für ein buntes, vielfältiges und offenes Deutschland, und wir verlangen von der Politik, dass sie unsere Sorgen mindestens so ernst nimmt wie die der Wut- und Hutbürger.

Das Problem in dieser Gesellschaft heißt nicht Migration. Es heißt Rassismus. Aber #wirsindmehr!“