Die Diakonie stellt fest: Unzumutbare Zustände an der kroatischen Grenze – Hilfe für die Schutzsuchenden jetzt!
Berlin, den 01. Februar 2021 – Anlässlich des morgigen Flüchtlingsgipfels appelliert die Diakonie Deutschland an die Bundesregierung, sich europaweit für die Hilfe Schutzsuchender an der bosnisch-kroatischen Grenze einzusetzen und die massiven Menschenrechtsverletzungen zu stoppen.
Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland:
„Für Schutzsuchende ist die Situation an vielen europäischen Außengrenzen lebensbedrohlich, besonders in diesen Wintermonaten an der bosnisch-kroatischen Grenze. Menschen leben unter unzumutbaren Bedingungen in Wäldern und Industriebrachen und versuchen immer wieder, in die EU zu gelangen, um einen Asylantrag zu stellen. Die Brutalität, mit der die kroatische Grenzpolizei gegen Schutzsuchende – darunter viele Familien mit Kindern, unbegleitete Minderjährige und Kranke – vorgeht, ist nicht hinnehmbar. An diesen Zustand dürfen wir uns ganz und gar nicht gewöhnen.
Sich abzuschotten und Menschen schutzlos sich selbst zu überlassen, entspricht nicht unseren Werten. Die Zurückschiebungen verstoßen klar gegen europäisches Recht, das die Prüfung der Schutzbedürftigkeit unter menschenwürdigen Aufnahmebedingungen garantiert. Deutschland und die EU dürfen diese Rechtsverletzungen nicht länger tolerieren.
Die etwa 10.000 gestrandeten Schutzsuchenden in Bosnien-Herzegowina müssen jetzt evakuiert und umverteilt werden. Deutschland kann diese Menschen aufnehmen.“
Hintergrund:
Durch den starken Rückgang der Asylzahlen stehen in Aufnahmeeinrichtungen in Deutschland vielerorts Kapazitäten zur Verfügung. Nur 76.000 Personen haben nach ihrer Ankunft im Jahr 2020 erstmals Asyl beantragt. Bundesländer und Kommunen signalisieren ebenfalls wie die Diakonie und andere Wohlfahrtsverbände Aufnahmebereitschaft und sichern Unterstützung zu.
Weitere Informationen:
Deutschland unterstützt bilateral kroatischen Grenzschutz mit Ausstattung und Ausbildung
Hilfswerke fordern Evakuierung
BAGFW: Europa muss sich endlich auf mehr Schutz für Flüchtlinge einigen
Berlin, 1.02.2021. Anlässlich des morgigen Flüchtlingsgipfels unter Vorsitz von Bundeskanzlerin Merkel zieht Ulrich Lilie, Präsident der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW) Bilanz:
„Wir sind der Kanzlerin dankbar für ihre klare Botschaft der Menschlichkeit im Sommer 2015. Sie sorgte dafür, dass Menschen in Europa Schutz finden konnten.
Unzählige freiwillig Engagierte und hauptamtliche Mitarbeitende in den Einrichtungen der Freien Wohlfahrtspflege haben gestärkt durch diese mitmenschliche Haltung mit angepackt, damit das gelingen konnte. Mehr als die Hälfte aller Geflüchteten ist inzwischen in den Arbeitsmarkt integriert, trotz aller Widrigkeiten der Flucht, traumatischen Belastungen, Trauer um Familienangehörige und des Verlusts der Heimat. Leider hat die Pandemie die gute Entwicklung der Arbeitsmarktintegration gebremst, wird sie aber langfristig nicht aufhalten. Das ist ein Erfolg, der langfristig auch Deutschland zu Gute kommt. Es zeigt: Frühzeitige Integrationsangebote und Teilhabe für alle sind ein Gewinn für die Gesellschaft.
Leider gab es auch Rückschritte in der Flüchtlingspolitik. Insbesondere die Einschränkung des Familiennachzugs und die verlängerte Wohnpflicht in der Erstaufnahme verringern die Chancen auf ein gelingendes Ankommen der geflüchteten Menschen.
Die Asylrechtsreform in der EU konnte trotz aller Anstrengungen der deutschen Ratspräsidentschaft nicht nach vorne gebracht werden. Gleichzeitig blicken wir auf besorgniserregende und menschenunwürdige Zustände für Geflüchtete an Europas
Außengrenzen: in Griechenland, auf den kanarischen Inseln, an der bosnisch- kroatischen Grenze. Bestehende Aufnahmestandards müssen ohne Wenn und Aber eingehalten werden. Wir unterstützen die Bundesregierung, dass das Kriterium der Ersteinreise in der EU abgeschafft wird. Asylverfahren sollten nach einer fairen Umverteilung dezentral in Europa und nicht an seinen Grenzen stattfinden.“