Asylrechtsreform EU

Gestern hat das Europäische Parlament die verschiedenen Vorschläge, die den EU-Pakt zu Asyl und Migration bilden, angenommen.

Über 160 zivile Organisation, unter anderem die Churches‘ Commission for Migrants in Europe (CCME), der Europäischen Flüchtlingsrat (ECRE) und United4Rescue haben vor der Abstimmung zusammen an die Abgeordneten appelliert, die Texte nicht anzunehmen: https://picum.org/blog/81-civil-society-organisations-call-on-meps-to-vote-down-harmful-eu-migration-pact/

ECRE hatte sich nach der politischen Einigung im Dezember schon zu Wort gemeldet: „Es ist vollbracht. Und wir haben verloren.“ https://ecre.org/editorial-all-pact-ed-up-and-ready-to-go-eu-asylum-law-reforms/

Eine sehr gute Zusammenfassung hat Franziska Kuster von der EKD Brüssel vorgenommen. Ebenso PRO ASYL mit anschaulichen Beispielsfällen: GEAS-Reform im EU-Parlament: Historischer Tiefpunkt für den Flüchtlingsschutz in Europa | PRO ASYL

Hier die deutschen Fassungen der neun Gesetzestexte:

Asyl- und Migrationsmanagement-VO (ehemals Dublin III-VO)
Asylverfahrens-VO
Aufnahme-Richtlinie
Eurodac-VO
GrenzabschiebungsVerfahrens-VO (erst im Dezember 2023 neu dazugekommen)
Krisen-VO
Qualifikations-VO
Rahmen-VO Resettlement
Screening-VO

Es sind umfassende Änderungen im deutschen Recht zu erwarten. Obwohl es bis auf die Aufnahmerichtlinie Verordnungstexte sind, die dann ab 2026 unmittelbar gelten, ist bei der Umsetzung Spielraum im nationalstaatlichen Recht vorhanden. Gerade im für Deutschland sehr relevanten bisherigen „Dublin-Verfahren“ muss der Europäische Gerichtshof (EuGH) vieles neu klären. Es werden also auch für Beratungsstellen, Anwält*innen und Gerichte vermehrt Verfahren notwendig, trotz weniger Rechtsschutz und kürzeren Fristen.

Die Texte werden in den nächsten Tagen und Wochen auch vom Rat der EU (den Mitgliedstaaten) angenommen – dieser Beschluss gilt als sicher – dann im Amtsblatt der EU veröffentlicht und in Kraft gesetzt. Für die meisten von ihnen ist eine Umsetzungsphase von 2 Jahren vorgesehen.

Torsten Moritz, Generalsekretär von CCME kommentiert: „Die heutige Abstimmung im Europäischen Parlament markiert trotz knapper Mehrheiten das traurige Ende einer Debatte über den Umgang der EU mit Asyl und Migration, die in den letzten Jahren immer giftiger geworden ist. Begleitet wurde dies von einem permanenten Krisendiskurs über Migration – dabei wäre die Suche nach pragmatischen Lösungen eine bessere, würdige und machbare Alternative gewesen. Das Ergebnis ist eine neue Gesetzgebung, die die Würde und die Rechte der Menschen, die in Europa ankommen, weiter untergräbt. Gleichzeitig gibt es keinen Grund zu der Annahme, dass die verabschiedete Gesetzgebung irgendeine der Herausforderungen im Zusammenhang mit Migration und Flüchtlingsschutz lösen wird. Daher wird das Gerede von der Krise weiterhin eine sich selbst erfüllende Prophezeiung sein und die Argumente der Extremisten stärken. Der CCME und seine Mitglieder werden in den nächsten Jahren Schadensbegrenzung betreiben. Eine echte Lösung kann jedoch nur auf einer Gesetzgebung beruhen, in der die EU und ihre Mitglieder die Verantwortung für ihren fairen Anteil am Schutz der Flüchtlinge in der Welt und an der Aufnahme von Migranten übernehmen.  Die Ressourcen sind vorhanden, aber sie müssen umgelenkt werden: weg von der Abschreckung und Ausgrenzung der Schwächsten und hin zu einer EU, die Menschen mehr schützt als Grenzen“.