Schüsse auf zivile Seenotrettung

Das Rettungsschiff Ocean Viking wurde während eines Einsatzes auf dem Mittelmeer von der libyschen Küstenwache aus nächster Nähe beschossen.

Es ist der Nachmittag des 24. August 2025. Das Rettungsschiff Ocean Viking von SOS Méditerranée ist mit Genehmigung italienischer Behörden 40 Seemeilen nördlich der libyschen Küste in internationalen Gewässern im Einsatz. Die Crew ist auf der Suche nach einem Boot in Seenot. Zuvor hatte sie bereits 87 Menschen retten und sicher an Bord aufnehmen können.

Plötzlich nähert sich ein Patrouillenboot der sogenannten libyschen Küstenwache. Es umkreist die Ocean Viking. Zunächst beobachten maskierte Männer das Rettungsschiff. Über Funk beleidigen und bedrohen sie die Schiffsbesatzung – und greifen dann aus nächster Nähe an. Ohne Vorwarnung fällt ein erster Schuss, dann ein zweiter. Es folgt eine ganze Salve wie aus einem Maschinengewehr. Schüsse, die auf die Brücke des Schiffs zielen. Mindestens 20 Minuten lang stehen alle Menschen an Bord der Ocean Viking unter Beschuss. Maschinengewehrfeuer zerstörte Fensterscheiben, Funkantennen, Schnellboote und weitere Ausrüstung.

So massiv, direkt und lebensgefährlich wurde die zivile Seenotrettung nie zuvor angegriffen. Die Besatzung und 87 gerettete Bootsflüchtlinge an Bord konnten glücklicherweise schnell genug Deckung suchen, so dass niemand erschossen oder verletzt wurde.

Der vorsätzliche und bislang beispiellose Angriff auf die Ocean Viking ist in Videoaufnahmen dokumentiert. Sie zeigen: Jegliche Unterstützung der italienischen Behörden blieb aus, obwohl das Schiff einen Notruf absetzte und mehrfach um Hilfe bat. Dieser Angriff markiert eine neue Eskalationsstufe in der massiven Behinderung und Bedrohung der humanitären Arbeit auf dem zentralen Mittelmeer!

Zivile Seenotrettung wird systematisch bedroht
Seit Jahren erleben wir, wie die EU-Staatengemeinschaft auf Abschottung und Abschreckung setzt. Dabei arbeitet sie mit der sogenannten libyschen Küstenwache zusammen. Hinter dieser stecken libysche Milizen, die Menschenrechte verletzen, das internationale Seerecht missachten, brutale Pullbacks vornehmen und Rettungsschiffe angreifen. Trotz alledem werden diese libyschen Milizen von der EU finanziert, um Europas Grenzen zu „schützen”. So wurde das Patrouillenboot, das die Ocean Viking am 24. August angriff, im Rahmen eines EU-Programms finanziert und von Italien an Libyen übergeben. 

United4Rescue fordert gemeinsam mit anderen Rettungsorganisationen ein sofortiges Ende dieser Art von Kooperation.

Seenotrettung ist kein Verbrechen – sie ist Pflicht


Dieser Beitrag zitiert Passagen aus dem Newsletter von United4Rescue.
















 





 





 





 





 





 








es ist der Nachmittag des 24. August 2025. Das Rettungsschiff Ocean Viking von SOS Méditerranée ist mit Genehmigung italienischer Behörden 40 Seemeilen nördlich der libyschen Küste in internationalen
Gewässern im Einsatz. Die Crew ist auf der Suche nach einem Boot in Seenot. Zuvor hatte sie bereits 87 Menschen retten und sicher an Bord aufnehmen können.

Plötzlich nähert sich ein Patrouillenboot der sogenannten libyschen Küstenwache. Es umkreist die Ocean Viking. Zunächst beobachten maskierte Männer das Rettungsschiff. Über Funk beleidigen und bedrohen sie die Schiffsbesatzung – und greifen dann aus nächster
Nähe an. Ohne Vorwarnung fällt ein erster Schuss, dann ein zweiter. Es folgt eine ganze Salve wie aus einem Maschinengewehr. Schüsse, die auf die Brücke des Schiffs zielen.
Mindestens 20 Minuten lang stehen alle Menschen an Bord der Ocean Viking unter Beschuss. 















Das Bild wurde vom Absender entfernt. Das Bild zeigt ein eingeschossenes Fenster der Ocean Viking.



Die Fenster der Ocean Viking wurden auf Kopfhöhe beschossen. Foto: Max Cavallari / SOS Méditerranée



















Erleichterung nach dem Beschuss: Die gesamte Schiffsbesatzung und die 87 geretteten Menschen blieben körperlich unverletzt, weil sie schnell genug in Deckung gehen konnten.
Doch der Schock und die Todesangst sitzen tief.

Die Ocean Viking selbst wurde stark beschädigt: Rund 100 Einschusslöcher, geborstene Fenster, kaputte Funk-Antennen, zerstörte Schnellboote und andere wichtige Rettungsausrüstung. „Sie haben strategische
Punkte getroffen, um weitere Rettungen zu verhindern – doch vor allem haben sie versucht, uns zu töten.”
schreibt ein Crew-Mitglied der Ocean Viking später. 

Der vorsätzliche und bislang beispiellose Angriff auf die Ocean Viking ist in
Videoaufnahmen
dokumentiert. Sie zeigen: Jegliche Unterstützung der italienischen Behörden blieb aus, obwohl das Schiff einen Notruf absetzte und mehrfach um Hilfe bat. Dieser
Angriff markiert eine neue Eskalationsstufe in der massiven Behinderung und Bedrohung der humanitären Arbeit auf dem zentralen Mittelmeer!















Das Bild wurde vom Absender entfernt. Das Bild zeigt eine offene Hand, in der Patronen liegen.



Patronen zeigen: Es wurde scharf geschossen. Foto: Max Cavallari / SOS Méditerranée


















Zivile Seenotrettung wird systematisch bedroht
Seit Jahren erleben wir, wie die EU-Staatengemeinschaft auf Abschottung und Abschreckung setzt. Dabei arbeitet sie mit der sogenannten libyschen Küstenwache zusammen. Hinter dieser stecken libysche Milizen, die Menschenrechte verletzen, das internationale Seerecht
missachten, brutale Pullbacks vornehmen und Rettungsschiffe angreifen.

Trotz alledem werden diese libyschen Milizen von der EU finanziert, um Europas Grenzen zu „schützen”. So wurde das Patrouillenboot, das die Ocean Viking am 24. August angriff, im Rahmen eines EU-Programms
finanziert und von Italien an Libyen übergeben. 















Das Bild wurde vom Absender entfernt. Das Bild zeigt das Boot der libyschen Angreifer.



Die libyschen Angreifer schießen aus nächster Nähe. Foto: SOS Méditerranée












Der Angriff auf die Ocean Viking muss Konsequenzen haben. Die europäische Kooperation mit Libyen muss spätestens jetzt sofort eingestellt werden.
SOS Méditerranée hat zudem bereits Strafanzeige bei der italienischen Staatsanwaltschaft erstattet mit dem Ziel, alle Verantwortlichen vor Gericht zu bringen.  

Seenotrettung ist kein Verbrechen – sie ist Pflicht
Die zivile Seenotrettung braucht mehr denn je zivilgesellschaftlichen Rückhalt und Unterstützung. Die Rettungsschiffe stehen wortwörtlich unter Beschuss. Mit einer Spende kannst du dazu beitragen, die lebensrettende Arbeit der zivilen Flotte zu unterstützen
und ein Zeichen für Menschlichkeit setzen.

Offener Brief

an den Ersten Hamburger Bürgermeister Dr. Peter Tschentscher

Sehr geehrter Erster Bürgermeister Dr. Tschentscher,

wir, die Ökumenische Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche, haben Ihren Brief an den Berliner Regierenden Bürgermeister Wegner gelesen.

Über Inhalt und Tonfall sind wir bestürzt. Zahlreiche konsternierte Reaktionen aus dem gesamten Bundesgebiet erreichen uns seitdem.

Sie beschreiben die christliche und menschenrechtswahrende Tradition des Kirchenasyls als „systematisch missbräuchlich“, als „Angriff auf den Rechtsstaat“ und als „nicht hinnehmbar“. Besonders haben Sie dabei die Kirchenasyle im Blick, die für Menschen gewährt werden, die von einer Rücküberstellung nach der Dublin III Verordnung bedroht sind.

Wir laden Sie ein, inhaltlich mit uns ins Gespräch zu kommen: Über die zahlreichen und weithin bekannten Missstände und sehr unterschiedlichen Schutzpraktiken der Länder Europas. Schutzsuchende werden an Europas Grenzen brutal zurückgedrängt. Frauen werden nicht vor sexueller Gewalt geschützt. In manchen europäischen Ländern unterschreiten Unterbringung und Versorgung von Geflüchteten jeden Mindeststandard. Familien werden voneinander getrennt, Geflüchteten wird staatlicherseits schwere Gewalt angetan oder es drohen Kettenabschiebungen in lebensgefährliche Herkunftsländer.

In besonderen Härtefällen versuchen wir, einzelne Familien und Personen vor solchen gravierenden Menschenrechtsverletzungen zu schützen.

Die Tatsache, dass einzelfallbezogene Härten durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge kaum mehr gewürdigt werden, stellt die Kirchen vor ein ernstes Problem. Wenn staatliche Stellen ihrer Schutzverpflichtung nicht nachkommen, wenden sich verzweifelte Menschen an uns. Gespräche mit dem BAMF im Rahmen der 2015 gerade für die so genannten „Dublin-Fälle“ getroffenen Verabredungen sind leider seit mehreren Jahren nicht mehr vom anfänglichen Geist des „Suchens nach guten humanitären Lösungen“ geprägt.

Viele Ehrenamtliche und Engagierte setzen sich in der Begleitung von Kirchenasylen für einen solidarischen, gerechte(re)n Umgang mit Schutzsuchenden ein. Oft erleben sie hier auf eine einzigartige Weise die Bedeutung von Werten wie Gemeinschaft, Fürsorge und Nächstenliebe. Ihre Vorwürfe, sehr geehrter Herr Dr. Tschentscher, treffen genau diese Gruppe von gesellschaftlich hoch engagierten Menschen tief. Große Teile der so genannten Willkommenskultur wurden von der Zivilgesellschaft, nicht unwesentlich von Kirchen, verwirklicht. Die jetzige Diskreditierung dieses Einsatzes erzeugt großes Unverständnis – gerade auch in dem Wissen darum, dass Hamburg als eine weltoffene und tolerante Stadt und ihr Erster Bürgermeister als ebensolcher Politiker bisher bekannt waren.

Auch über diesen irritierenden Tonfall gegenüber kirchlicher Arbeit zur Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts und die Auswirkungen, die wir befürchten, möchten wir gern mit Ihnen ins Gespräch kommen.

Wir sind fest überzeugt: Kirchenasyl ist ein wertvoller Beitrag zur Gerechtigkeit und mahnt ein genaues Schauen auf verbesserungswürdige politische Praxis an. Als Christ:innen und als Staatsbürger:innen bitten wir Sie und die politisch Verantwortlichen, dieses Engagement zu akzeptieren, den Begründungen Gehör zu schenken und Kirchenasyl keinesfalls in die Nähe von wirklichen Verfassungsfeinden und den Rechtsstaat gefährdenden Akteuren zu stellen.

Mit freundlichen Grüßen aus Berlin

für die Ökumenische Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche
Pastorin Dietlind Jochims, Vorstandsvorsitzende

Pressekontakt: 030 25 89 88 91, info@kirchenasyl.de

www.kirchenasyl.de

Brief als pdf

Schiffspost United4Rescue

Zhara will Informatik studieren. Gerade macht sie ihr Abitur – in Deutschland, wo sie nach ihrer Flucht aus Afghanistan Sicherheit gefunden hat. Mohamad hatte in Syrien einen Studienplatz für Jura, heute ist er Fahrlehrer. Und Muhi Aldin brachte sich selbst Deutsch bei und eröffnete in Duisburg ein eigenes Restaurant.

Wie Menschen nach ihrer Flucht in Deutschland weiterleben, wird nur selten erzählt. Das Bündnis United4Rescue hat zum diesjährigen Weltflüchtlingstag 24 solcher Geschichten gesammelt und in der Broschüre „Damit das Leben weitergeht“ zusammengestellt. Die Betroffenen erzählen nicht nur von erlebter Angst, Gewalt und Gefahr, sondern auch von Hoffnung, Mut und Neuanfang. Ihre Geschichten machen deutlich: Kein Mensch flieht ohne Grund. Und sie zeigen, was geschieht, wenn Europa seine Grenzen abschottet und legale, sichere Fluchtwege fehlen.

Sie finden die Broschüre hier. Gedruckte Exemplare des Hefts können hier kostenfrei bestellt werden.

Zwölf der Geschichten hat United4Rescue außerdem als Plakatausstellung zum Selbstausdrucken aufbereitet (A4 und A3-Format).

Austellung A3 herunterladen

Austellung A4 herunterladen

Erklärung des EKD-Flüchtlingsbeauftragten

zum diesjährigen Weltflüchtlingstag

Zu Botschaft und Auftrag der evangelischen Kirche betonte Bischof Stäblein: „Schaut hin, wo die Menschenwürde verletzt wird. Haltet euch an das, was unser Grundgesetz als Maßstab vorgibt: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Das gilt überall, das gilt auch an unseren Grenzen. Daran erinnern wir als Kirche auch in politisch schwierigen Zeiten. […] Unsere Kirchen sind und bleiben Zufluchtsorte für Schwache und Schutzbedürftige. Wir erzählen weiter von Güte und Nächstenliebe, von Gnade und Barmherzigkeit.“

Die vollständige Pressemitteilung gibt es hier.

Dieses Jahr wurde außerdem die Broschüre 10 Überzeugungen zu Flucht und Integration aktualisiert. In zehn Überzeugungen beschreibt die Broschüre prägnant zentrale Aspekte der flüchtlingspolitischen Diskussion und dazugehörige evangelische Überzeugungen, die sich aus dem christlichen Glauben ergeben. Kurze, verständliche Texten informieren und orientieren. Verweise auf Bibelstellen, sowie Fakten, Hintergrundinformationen und Quellenangaben runden das kleine Heft ab. Die Broschüre eignet sich zum Weitergeben und Auslegen, für die Lobbyarbeit oder Argumentationshilfe. Rund 50.000 Exemplare der „10 Überzeugungen“ wurden in den letzten Jahren bei der EKD bestellt.

Zur digitalen Broschüre: www.ekd.de/zehn-ueberzeugungen-flucht-und-integration-14970.htm

Gedruckte Exemplare der Broschüre können Sie gerne kostenfrei per Mail bestellen: versand@ekd.de

Familien gehören zusammen

Berlin, 15.05.2025 – Aufruf zum Internationalen Tag der Familie

Konflikte, Menschenrechtsverletzungen und Verfolgung zwingen Menschen weltweit zur Flucht. Oft werden Familien dabei auseinandergerissen. Während ein Teil der Familie bereits in Deutschland Schutz finden kann, bleiben Familienmitglieder in Konfliktgebieten oder Flüchtlingslagern auf der Fluchtroute zurück. Eine Rückkehr ist aufgrund der politischen oder humanitären Lage meist unmöglich. Damit bleibt der Familiennachzug nach Deutschland oft die einzige Möglichkeit, wieder in Sicherheit zusammenzuleben.

Der Wert von Familie sowie der Schutz und die Förderung von Kindern gehören zum Fundament unserer Gesellschaft. Auch das Völkerrecht (v.a. Art. 8 EMRK, Art. 3, 10 UN-KRK), das europäische Grundrecht (Art. 7, 24 Abs. 2 GRCh) und das deutsche Grundgesetz (Art. 6 GG) schützen das Recht auf Familie und die vorrangige Berücksichtigung des Kindeswohls. Familiennachzug ist eine planbare, integrationsfördernde und rechtssichere Möglichkeit, um Schutzsuchende aus Kriegs- und Krisengebieten aufzunehmen.

Das Vorhaben, den Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte auszusetzen, stellt einen migrations- und integrationspolitischen Rückschritt dar. Schon nach den aktuellen Regelungen ist der Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten auf 12.000 Personen im Jahr stark begrenzt. Ein Aussetzen hätte einen erheblichen menschlichen Preis, jedoch keine signifikanten Auswirkungen auf die Auslastung der Kommunen.

Die Erfahrungen seit der Aussetzung des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte nach 2016 zeigen zudem: Einschränkungen oder gar die Aussetzung entlasten weder Gerichte noch Behörden, sondern führen zu erheblicher Mehrbelastung durch unzählige Eilverfahren und Verfahren zur Aufnahme im Einzelfall. Die Aussetzung des Familiennachzugs führt zu langjährigen und schmerzhaften Trennungen von Familienmitgliedern. Die Trennung von den Eltern und Geschwistern kann bei Kindern erhebliche psychische Belastungen und Traumata verursachen, die langfristige Auswirkungen auf sie und das Familiengefüge nach sich ziehen können. Vom Aussetzen des Familiennachzugs wären insbesondere Frauen und Kinder betroffen, die allein in Konfliktregionen zurückbleiben oder sich auf gefährliche Fluchtrouten begeben müssten.

Statt den Familiennachzug einzuschränken, sollte die Bundesregierung die nächste Legislaturperiode nutzen, um den Familiennachzug effizienter zu gestalten:

  • Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten erhalten: Personen mit subsidiärem Schutzstatus sollten im Hinblick auf den Familiennachzug den Flüchtlingen im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention gleichgestellt werden, da auch bei ihnen regelmäßig eine vergleichbare Schutzbedürftigkeit vorliegt und die Differenzierung beim Familiennachzug weder mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 14 i. V. m. Art. 8 EMRK) noch mit dem Recht auf Achtung des Familienlebens (Art. 6 GG, Art. 8 EMRK) in Einklang steht.
  • Verfahren verbessern: Die Bundesregierung sollte das Recht auf Familiennachzug effektiver gestalten. Dazu gehört eine Verbesserung und mehr Transparenz der Verfahren, insbesondere die Verkürzung von Wartezeiten an den Auslandsvertretungen und eine digitale Antragstellung, gerade dort, wo die Anreise zur zuständigen Auslandsvertretung Sicherheitsrisiken mit sich bringt. Ein transparenteres Verfahren und das Absehen von Sprachzertifikaten vor der Einreise kann auch die Behörden in Deutschland sowie die Auslandsvertretungen entlasten.
  • Minderjährige Geschwister nicht zurücklassen: Das Nachzugsrecht sollte auch minderjährige Geschwister umfassen. Derzeit sind sie beim Familiennachzug mit hohen Hürden konfrontiert. Eine Anpassung der Regelungen würde sicherstellen, dass Familien nicht zwischen ihren Kindern wählen müssen und der Familiennachzug für alle erleichtert wird.
  • Besonders schutzbedürftige Familien schützen: Für Familien mit besonders vulnerablen Mitgliedern, etwa mit einer Behinderung, stellen der Familiennachzug und andere sichere Zugangswege oft die einzige realistische Möglichkeit dar, gemeinsam Schutz zu finden. Eine Flucht über gefährliche Routen ist für sie in der Regel keine Option. Bei Menschen mit Behinderungen, besonders Kindern, müssen daher die besonderen Schutzgarantien der UN-Kinderrechtskonvention und der UN- Behindertenrechtskonvention ernst genommen und uneingeschränkt berücksichtigt werden (vgl. Art. 23 UN-KRK, Art. 7 UN-BRK).

Der Appell wurde initiiert von International Rescue Committee (IRC) Deutschland, Save the Children Deutschland und Terre des Hommes.

Mitzeichnende Organisationen
Amnesty International Deutschland e.V.
AWO Bezirksverband Niederrhein e.V.
AWO Bundesverband e.V.
AWO NRW – Landesarbeitsgemeinschaft der Arbeiterwohlfahrt NRW
BAfF e.V. – Bundesweite Arbeitsgemeinschaft der psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und
Folteropfer
Berliner Netzwerk für besonders schutzbedürftige geflüchtete Menschen (BNS)
Bundesfachverband Minderjährigkeit und Flucht (BuMF) e.V.
Bundesweiter Koordinierungskreis gegen Menschenhandel e.V. (KOK)
Der Paritätische Gesamtverband
Deutscher Caritasverband e.V.
Deutsches Kinderhilfswerk e.V.
Diakonie Deutschland
Die Sputniks e.V. – Vereinigung russischsprachiger Familien mit Kindern mit
Beeinträchtigungen in Deutschland
ECPAT Deutschland e.V.
Flüchtlingsrat Rheinland-Pfalz e.V.
Handicap International e.V.
International Refugee Assistance Project (IRAP Europe)
JUMEN e.V. – Juristische Menschenrechtsarbeit in Deutschland
Kindernothilfe e.V.
LIGA – Leininger Initiative Gegen Ausländerfeindlichkeit
Medizinische Flüchtlingshilfe Bochum e.V.
MINA – Leben in Vielfalt e.V.
Netzwerk zur Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention – National Coalition Deutschland
Neue Richter*innenvereinigung (NRV)
Plan International Deutschland
PRO ASYL Bundesarbeitsgemeinschaft
Shahrzad e.V. Verein für gehörlose Geflüchtete und Migrantinnen
Verband binationaler Familien und Partnerschaften, iaf e.V.
Zentrum ÜBERLEBEN
Zukunftsforum Familie e.V.

https://www.savethechildren.de/fileadmin/user_upload/Downloads_Dokumente/2025/Aufruf_zum_Tag_der_Familie_Familien_geh%C3%B6ren_zusammen.pdf

Das WillkommensKulturHaus…

… ist ein Ort für Alle.

Seit 2013 werden in der „Schule ohne Grenzen“ erwachsene Schüler*innen von ehrenamtlichen Lehrenden im Fach Deutsch (unabhängig ihres Aufenthaltsstatus) unterrichtet. Täglich kommen bis zu 70 Menschen im WillkommensKulturHaus zusammen.

Seit April 2017 hat sich das Haus für Nachbar*innen, Interessierte, Neuhamburger*innen und Alteingesessene geöffnet. Fremde zu Freunden machen, im Austausch bleiben, voneinander lernen, miteinander feiern, gemeinsam gestalten, Zukunft neu denken, diskutieren, Neues schaffen, Willkommenskultur weiter denken im Geist der Begegnung. 

Alle Veranstaltungen im Mai sind im aktuellen Monatsplan zu finden.

Wir laden ein, dabei zu sein!

Nehmt Kontakt auf unter: wkh@kirche-ottensen.de, oder via  Facebook.
Website: https://www.kirche-ottensen.de/handeln/willkommenskulturhaus/

Jahresbericht Abschiebemonitoring

Pressemitteilung Diakonie Hamburg, 15. April 2025

Diakonie kritisiert Abschiebungen von Kindern und vulnerablen Personen – Abschiebungsbeobachtung legt Jahresbericht vor 

Der Jahresbericht der Abschiebungsbeobachtung der Diakonie am Hamburger Flughafen zeigt, dass ein Teil der durchgeführten Abschiebungen problematisch hinsichtlich der Menschen- und Kinderrechte durchgeführt wurden. Für Kinder stellen Abschiebungen eine besonders große Belastung dar. Sie sind von nächtlichen Abholungen betroffen, werden Zeugen von Zwangsanwendung gegen ihre Eltern oder gar von Familienmitgliedern getrennt. Die UN-Kinderrechtskonvention ist in unserer Landesverfassung verankert und garantiert den Schutz von Kindern und Jugendlichen. Ihr Wohl muss stets im Mittelpunkt stehen. Auch Menschen mit psychischen Belastungen und Erkrankungen sind vulnerabel und müssen besonders geschützt werden. Es gibt Fälle, in denen psychische Ausnahmesituationen als Simulation oder passiver Widerstand gewertet wurden. Auch Suizidversuche kamen vor – und die Abschiebung wurde trotzdem vollzogen.  

Haiko Hörnicke, Leiter des Arbeitsbereichs Migration und Internationales der Diakonie Hamburg: „In einem zunehmend rauen Klima ist Transparenz bei Abschiebungen essenziell. Die Würde jedes Einzelnen muss geachtet und vulnerable Gruppen besonders geschützt werden. Die UN-Kinderrechtskonvention gilt uneingeschränkt. Daher müssen nächtliche Abholungen, die Anwendung von Zwang gegen die Eltern und die Trennung von Familien gestoppt werden.“   

Merle Abel, Abschiebungsbeobachterin der Diakonie Hamburg: „Manche Personen wurden im letzten Berichtszeitraum direkt nach Suizidversuchen unter Anwendung von Zwang abgeschoben. Ein Mann hatte tiefe Schnitte, darüber trug er einen Verband und Fesseln. Die Wunden wurden am Flughafen versorgt – dann wurde er abgeschoben. Aus rechtlicher Sicht wurde die Abschiebung für zulässig erklärt.“

Hörnicke: „Die Abschiebung von Menschen unmittelbar nach einem Suizidversuch ist unverhältnismäßig. Wir können nicht verantworten, dass die Menschen in so einer Situation im Zielland sich selbst überlassen werden.“ 

Wir beobachten mit Sorge, dass Migration zunehmend als Problem dargestellt wird. Doch Migration ist eine Chance für unsere Gesellschaft! In Zeiten migrationspolitischer Veränderungen betont die Diakonie Hamburg, zu beachten, dass Menschen, die zu uns kommen das soziale, wirtschaftliche und kulturelle Leben bereichern. Sie tragen aktiv zu einem starken und vielfältigen Miteinander bei. Es ist zu befürchten, dass die im Koalitionsvertrag beschlossene „Rückführungsoffensive“ auf Kosten der Menschenrechte durchgesetzt wird. 

Der Jahresbericht ist auf der Webseite der Diakonie Hamburg veröffentlicht. Auf Grundlage des Jahresberichts berichtet die Abschiebungsbeobachterin den Mitgliedern des Innenausschusses der Hamburgischen Bürgerschaft in einer öffentlichen Sitzung im Spätsommer.  

Hintergrund: 

Das Projekt des Diakonischen Werkes zielt darauf ab, Abschiebungen am Hamburger Flughafen zu beobachten und zu dokumentieren, ob die Grund- und Menschenrechte der Betroffenen bei den Vollzugsmaßnahmen der Bundespolizei gewahrt und die Verhältnismäßigkeit gewährleistet wird. Unsere Abschiebebeobachterin Merle Abel steht allen an Abschiebungen beteiligten Personen als Ansprechpartnerin zur Verfügung.  Die quartalsweisen Berichte und Problemanzeigen von Frau Abel werden im Hamburger Flughafenforum diskutiert, einem Gremium, das Vertreter*innen der Bundespolizei, der Landesbehörden aus Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern sowie von zivilgesellschaftlichen Organisationen zusammenbringt. Die abgestimmten Ergebnisse dieser Gespräche werden einmal jährlich veröffentlicht. Das Projekt wird finanziert durch die Behörde für Inneres und Sport. Das Forum wird von Staatsrat a.D. Hans-Peter Strenge moderiert. 

Asylzahlen 2024

In diesen Tagen hat die EU-Asylagentur die Asylzahlen für 2024 veröffentlicht und einen Rückgang um 11 Prozent auf etwa eine Million Asylanträge festgestellt.

Christian Jakob ordnete diese Zahlen in der taz ein und deutete den Rückgang zutreffend als ein Ergebnis der EU-Abschottungspolitik. Zudem ist die Zahl von 1 Mio. registrierten Asylanträgen nicht mit der Zahl der in die EU geflohenen Menschen gleichzusetzen. Denn bei etwa einem Viertel der registrierten Anträge handelt es sich um Mehrfachanträge identischer Personen, etwa wenn Asylsuchende in mehreren Ländern der EU (wiederholt) einen Asylantrag stellen. Das geht aus internen EU-Dokumenten hervor. Real haben es im Jahr 2024 damit vermutlich gerade einmal etwa 750.000 Schutzsuchende in die EU geschafft – das sind weniger als 0,2 Prozent der Bevölkerung der EU.

Historische Anmerkung: Auch 1992 kamen – entgegen üblicher Darstellungen – nicht etwa 440.000 Aylsuchende nach Deutschland, sondern vermutlich deutlich unter 300.000. Denn 400.000 war die Zahl aller registrierten Asylanträge, also auch Folge- und Mehrfachanträge identischer Personen. Die unterschiedlichen Antragsformen wurden erst später statistisch erfasst (Bundestagsdrucksache 16/7687).

Bereinigte Schutzquoten

Auch zu den Schutzquoten der EU-Asylstatistik muss etwas gesagt werden, denn die EU-Asylzahlen zu Deutschland weichen von den BAMF-Statistiken ab. Zum einen ergibt sich das daraus, dass die EU-Statistik eine „bereinigte“ Schutzquote darstellt. Diese wird von der Bundesregierung nicht veröffentlicht. Die Linke fragt diese jährlich ab (Regelanfrage für das Jahr 2023).

Die von den Behörden verwendete Schutzquote umfasst die Summe aller anerkennenden Bescheide (Asyl nach Art. 16 GG, Schutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention, subsidiärer Schutz, Abschiebungsverbot) und wird einfach nur in Relation zur Gesamtzahl der getroffenen Entscheidungen gesetzt, was auch sonstige Verfahrenserledigungen mit einschließt.

Durch diese Darstellung entsteht der Eindruck, dass Menschen aus bestimmten Ländern selten(er) Gründe zur Flucht haben. Das ist zum Beispiel in der Debatte um sichere Herkunftsländer von Bedeutung, aber auch, wenn Geflüchteten allein aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer Personengruppe mit angeblich geringer Bleibeperspektive beispielsweise frühzeitige Integrationsmaßnahmen verweigert werden. Und nicht zuletzt taugen höhere Ablehnungsquoten auch dazu, in der Bevölkerung Stimmung gegen Flüchtlinge zu schüren.

(PRO ASYL 2019)

Das heißt: Nicht alle, aber die meisten formellen Entscheidungen des BAMF werden in den EU-Statistiken bei der Berechnung der Schutzquote nicht berücksichtigt, woraus sich im Ergebnis eine höhere Schutzquote ergibt. Zum anderen werden in der EU-Asylstatistik bei der Berechnung der Schutzquote nationale Abschiebungsverbote nicht berücksichtigt (weil diese nicht unionsrechtlich geregelt sind). Das betrifft immerhin etwa jeden sechsten in Deutschland vom BAMF erteilten Schutzstatus, und das ist auch relevant für die nach der GEAS-Reform geplanten Schnellverfahren an den EU-Außengrenzen, die bei einer unter 20 prozentigen Anerkennungsquote in der EU (auch diese Berechnung erfolgt ohne nationalen Abschiebungsschutz) verpflichtend angewandt werden.

100 Boote – 100 Millionen Menschen

Wir senden gemeinsam mit über 130 Initiativen eine solidarische Bo(o)tschaft nach Brüssel!

Am 12. Mai 2025 setzt die Aktion “100 Boote – 100 Millionen Menschen” der AWO Sachsen-Anhalt mit einer beeindruckenden Kunstinstallation aus über 130 fünf Meter langen Origami-Booten ein starkes Zeichen für Solidarität und Menschlichkeit. Die Boote stehen für die Stimmen der aktuell 120 Millionen Menschen auf der Flucht. Es wird in Brüssel Musik und Austausch geben – alles vor dem Hintergrund der Forderung nach mehr Verantwortung in der EU-Flüchtlingspolitik.

Wir haben in einem Workshop im WillkommensKulturHaus Ottensen gemeinsam mit der Alten Villa Niendorf und anderen ein Origami-Boot gestaltet.

https://www.awo-sachsenanhalt.de/100Boote
https://www.kirche-ottensen.de/handeln/willkommenskulturhaus/
https://www.wirfuerniendorf.de/wir-sind-in-der-alten-villa/