Am Freitag, den 5. Dezember wurde das Gesetz „zur Bestimmung sicherer Herkunftsstaaten durch Rechtsverordnung und Abschaffung des anwaltlichen Vertreters bei Abschiebungshaft und Ausreisegewahrsam“ im Bundestag beschlossen.
Aus rechtsstaatlicher und menschrechtlicher Sicht ein dunkler Tag für unsere Demokratie und das Grundrecht auf Asyl. Ein 2021 von den Grünen in Auftrag gegebenes Gutachten zur Verfassungswidrikeit ist hier zu finden. Auch ProAsyl hat dazu im Oktober diesen Jahres Stellung bezogen. Und erst Ende Oktober diesen Jahres hat das Bundesverfassungsgericht mehreren Verfassungsbeschwerden wegen rechtswidriger Festnahmen vor der Anordnung von Abschiebungshaft stattgegeben.
Im Verfahren hat die Koalition noch in der gleichen Woche mit einem Änderungsantrag u.a. noch eine zehnjährige Sperrfrist für Einbürgerungen eingeführt (§35a StAG) – unvollständige Angaben bei Einbürgerungen sollen hierfür ausreichen. Den Änderungsantrag ist hier zu finden.
Im Folgenden Informationen zu den gesetzlichen Änderungen. Auch auf ProAsyl finden Sie Informationen.
- Sichere Herkunftsländer per Rechtsverordnung
Die geplante Einstufung sicherer Herkunftsländer per Rechtsverordnung statt per Gesetz und ohne Zustimmung des Bundesrats verletzt laut mehreren Expert*innen das Verfassungsrecht. Eine gesonderte Einstufung sogenannter „kleiner“ sicherer Herkunftsstaaten nur für den internationalen Schutz ist verfassungswidrig, da Art. 16a GG die Zustimmung von Bundestag und Bundesrat verlangt.
Art. 16a GG stellt klar, dass auch unmenschliche Behandlung ausgeschlossen sein muss – ein Verweis auf den internationalen Schutz.
Das Gesetzesvorhaben verstößt gegen die Wesentlichkeitsdoktrin, da Entscheidungen von erheblicher Tragweite ein transparentes Verfahren die Zustimmung des Bundestages und Bundesrates erfordern.
Die geplanten drei unterschiedlichen Listen sicherer Herkunftsstaaten führen zu einer komplizierten Rechtslage und können zusätzlichen Mehraufwand verursachen.
Für Betroffene bedeutet die gesetzliche Vermutung fehlender Verfolgung eine erhebliche Belastung: verkürzte Fristen, Ausschluss vom Arbeitsmarkt sowie erschwerter Zugang zu Integration und Beratung.
- Pflichtanwält*innen in Abschiebehaft und -gewahrsam (§ 62d AufenthG)
Jede Freiheitsentziehung ist ein besonders schwerer Eingriff in die Grundrechte und erfordert ein faires Verfahren mit Pflichtanwält*innen. Abschiebehaft ist bloßes Mittel der Verwaltungsvollstreckung – wenn schon im Strafverfahren eine Pflichtverteidigung vorgesehen ist, dann erst recht bei Abschiebe- und Ausreisegewahrsam.
Ausreisepflichtige Personen sind besonders vulnerabel und haben ohne Pflichtanwält*innen praktisch keine Chance, ihre Grundrechte zu verteidigen.
Die hohe Rechtswidrigkeitsquote von 50–60 % bei Abschiebehaftanordnungen zeigt die Notwendigkeit eines Pflichtanwalts*einer Pflichtanwältin.
Es ist ein Novum, einen verpflichtenden Beistand gesetzlich wieder zu streichen.
Die einzige Untersuchung zur Wirkung des Pflichtanwalts der Universität Hamburg spricht sich klar für die Beibehaltung aus und zeigt, dass fachkundige Anwält*innen das Verfahren sogar beschleunigen können.
- Sperrfrist (§ 35a StAG)
Nicht einmal 24 Stunden vor der Ausschusssitzung hat die Koalition eine Sperrfist im Einbürgerungsverfahren an das Verfahren angehängt. Die Sperrfrist soll gelten bei der Rücknahme der Einbürgerung nach § 35, aber u.a. schon bei unvollständigen Angaben im Einbürgerungsverfahren. Es bestehen Zweifel an der Verhältnismäßigkeit, da § 35a StAG kein Ermessen -auch nicht für Miteingebürgerte- vorsieht und eine Sperrfrist auch schon unvollständige Angaben greifen soll.


