Kritik an Seehofers Abschiebeplänen

EKD-Ratsvorsitzender Heinrich Bedford-Strohm hat sich zu den Vorhaben des BMI, durch das geplante „Geordnete-Rückkehr-Gesetz“ Abschiebungen zu erleichtern und die Flüchtlingshilfe zu kriminalisieren, öffentlich geäußert. Er fordert einen Abschiebestopp für Menschen in Ausbildung und Beschäftigung und reagiert insbesondere auf das Interview von BAMF-Präsident Hans-Eckhard Sommer, in dem dieser sich für eine Kriminalisierung von Flüchtlingshelfern ausspricht:

„Die Menschen werden hier gebraucht. Es macht einfach keinen Sinn, sie jetzt abzuschieben und deswegen brauchen wir ein Moratorium, bis das neue Fachkräftezuwanderungsgesetz nächstes Jahr hoffentlich in Kraft tritt. […] Wir brauchen ein Moratorium, weil sich die Fälle häufen, in denen Leute, die hier gebraucht werden, die Arbeitgeber haben und arbeiten wollen, auf Abschiebelisten gesetzt werden. Da spricht Humanität und Vernunft genau die gleiche Sprache.“

„Eine Kriminalisierung von Flüchtlingshelfern ist das letzte, was wir jetzt brauchen“, sagte der bayerische Landesbischof den Nürnberger Nachrichten. Bundesinnenminister Horst Seehofer plant, die gezielte Information von Asylbewerbern, denen die Abschiebung droht, über ihren Abschiebetermin strafbar zu machen. Flüchtlingshelfer, die solche Informationen weitergeben, um Abschiebungen zu verhindern, würden dann eine Straftat begehen. Das stößt auf breite Kritik, der sich Bedford-Strohm anschließt. Er sagte: „Ich habe ja viel zu tun mit Menschen, die sich in der Flüchtlingshilfe engagieren. Das sind nicht Menschen, die generell Abschiebungen verhindern. ´Nein: Sie kommen mit sehr konkreten menschlichen Schicksalen. Wir dürfen bei all den rechtlichen Prozessen auch nie den Menschen aus dem Blick verlieren. Daher bin ich sehr dankbar, dass ich Ansprechpartner auch aus der bayerischen Politik habe, die sehr genau hinhören und in je einzelnen Fällen helfen. Solche Fälle nochmal anzuschauen, das halte ich für eine Tugend. Das stärkt den Rechtsstaat. Daher ist es gut und richtig, dass die Menschen, die nah dran sind und die Einzelschicksale kennen, diese auch weitergeben und ungerechtfertigte Abschiebungen zu verhindern versuchen.“ (http://www.nordbayern.de/region/bedford-strohm-fluchtlingshilfe-soll-legal-bleiben-1.8743721)

Parteiübergreifende Kritik an Seehofers Abschiebeplänen: http://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/parteiuebergreifende-kritik-an-seehofers-asylplaenen,RMCMYVH?fbclid=IwAR2U6yk8PooMd5XX559mTT21UO5XQ5LkwsnQg08VVlPHtoOnIl1Gi4MCW3I

Die Landesflüchtlingsräte in Deutschland haben bereits mit einer ausführlichen Stellungnahme reagiert.

Gegen die geplante Kriminalisierung gibt es zudem inzwischen viele Gegenstimmen und Initiativen über Medienberichte, Übersicht: www.fluechtlingsrat-bayern.de/

Einordnender Kommentar: https://verfassungsblog.de/von-anti-abschiebe-industrie-zu-gesetzlicher-repression-fluechtlingsorganisationen-sollen-kriminalisiert-werden/

Heribert Prantl kritisiert – und erklärt, warum die Kriminalisierungsdebatte auch ein Ablenkungsmanöver sein könnte: www.sueddeutsche.de/politik/seehofer-fluechtlinge-1.4383115

Redebeitrag von Özlem Nas (Schura – Rat der Islamischen Gemeinschaft in Hamburg) anlässlich der Friedenskundgebung zum Gedenken an die Opfer des rassistischen und islamfeindlichen Anschlages in Christchurch

Liebe Hamburgerinnen und Hamburger,

Friede sei mit Ihnen und euch allen, Assalamu alaykum! Wir bedanken uns für ihr Erscheinen und möchten alle zu einem Moment des Schweigens für die Opfer von Christchurch einladen.

„Hello brother, welcome“, das waren die letzten Worte von Mohammed Daoud Nabi. Mit diesen Worten begrüßte der 71-jährige den Terroristen an der Tür zur Al-Noor-Moschee. Er hieß einen 28-jährigen Mann willkommen, für den er und seinesgleichen – für den „die Muslime“ nicht willkommen waren. Sie waren in seinen Augen Eindringlinge, die es auszulöschen galt, mit einem Massaker an einem Ort des Gebetes, an einem Ort der inneren Einkehr, an einem Ort des Friedens, an einem Ort, wo sie hätten sicher sein müssen.

Mohammed Daoud Nabi wurde kurz nach seinem Willkommensgruß brutal niedergeschossen. Er warf sich schützend vor andere Mitglieder seiner Gemeinde.

Husna Ara Parvin (42) versuchte ihren im Rollstuhl sitzenden Ehemann zu schützen, bevor die tödlichen Schüsse auch ihr Leben beendeten.

Naeem Rashid (50) startete den Versuch, den Terroristen zu überwältigen. Doch weder er, noch sein 21-jähriger Sohn Talha überlebten das Attentat.

Auch Khaled Mustafa (45) und sein Sohn Hamza, die gemeinsam mit ihrer Familie aus Syrien geflohen und erst seit ein paar Monaten in Christchurch angekommen waren, überlebten das Massaker nicht.

Maryam Gul verlor ihre gesamte Familie. Ihre Eltern waren aus Pakistan nach Christchurch gekommen, um ihren Bruder zu besuchen. Sie alle starben in der Moschee.

Mucad Ibrahim und Abdullah Dirie sind die jüngsten Opfer der brutalen Gewalttat, sie waren gerade einmal drei und vier Jahre alt.

Dies sind nur einige der Namen der 50 Menschen muslimischen Glaubens, die am Freitag, den 15. März, bei den rassistischen, muslimfeindlichen Terrorattentaten auf die Al-Nur-Moschee und auf die Linwood- Moschee in Christchurch, Neuseeland, ermordet wurden. Wir sind heute hier zusammengekommen, um ihrer zu gedenken und sie in unsere Gebete einzuschließen. Wir sind davon überzeugt, dass sie Frieden und Barmherzigkeit bei unserem Schöpfer finden werden.

Inna lillahi ve inna ileyhi raciun – Wir kommen von unserem Schöpfer und zu ihm ist unsere Heimkehr. Wir teilen das Leid der Angehörigen und Überlebenden, die dieses Trauma ein Leben lang begleiten wird. Es ist unvorstellbar, dass der Täter sein Massaker mit einer Helmkamera filmte und live ins Internet übertrug. 

„Die Würde des Menschen ist unantastbar“, dieser Grundsatz sollte für alle Menschen gelten. Doch Terroristen interessieren sich nicht für die Würde der Menschen, die nicht Teil ihrer eigenen Gruppe sind. Sie teilen die Menschen ein in Wir und Ihr, in Überlegen und Unterlegen, in Gut und Böse, in Wertvoll und Wertlos. Es ist ihnen egal, welche Biographien diese Menschen haben, sie entindividualisieren sie und sehen sie als monolithischen Block, der die eigene Gruppe bedroht und den es auszulöschen gilt. Die Premierministerin und die Bürgerinnen und Bürger Neuseelands machen durch ihr vorbildliches Verhalten deutlich, was Mitgefühl, Empathie und Solidarität bedeutet und wie es gelingen kann, aus einer horrenden Situation heraus authentisch für ein gestärktes Miteinander einzustehen. Der Täter wollte spalten, sie aber sind näher zusammengerückt. Auch die Hinterbliebenen der Opfer des Terroraktes in Christchurch machen vorbildlich deutlich, wie sie als gläubige Menschen mit der Tragödie umgehen.

So sagt Farid Ahmed: „Ich habe meine Frau verloren aber ich hasse den Mörder nicht. Als eine Person liebe ich ihn. Ich hege keinen Groll gegen ihn, ich habe ihm vergeben und ich bete für ihn.“

Maryam Gul, die ihre ganze Familie verloren hat, sagt: „Ich vergebe ihm. Anfangs wollte ich, dass er hart bestraft wird aber dann erinnerte ich mich daran, dass das nicht der Art und Weise entsprach, wie der Prophet damit umgegangen wäre, also vergab ich ihm.“

Mit Vergebung und Liebe auf Hass zu antworten ist eine Form von Spiritualität, die nicht nur im Islam, sondern in vielen Religionen beheimatet ist. Liebe und Vergebung sind die Basis von Mitmenschlichkeit. Durch ihren Umgang mit diesem brutalen Terrorakt bringen die Menschen in Neuseeland Hoffnung und Licht in das Dunkel des Hasses und der Gewalt. Wir hoffen sehr, dass sich viele Nationen ein Beispiel an diesem Umgang nehmen und Muslime als Mitmenschen betrachten, die friedlich und in Sicherheit mit ihren Familien leben wollen, ohne Sorge dafür tragen zu müssen, dass ihre Familienmitglieder von einem Gebet in der Moschee nie wieder zurückkehren.

Wir möchten als Schura an dem Glauben festhalten, dass es auch in Deutschland ein We are one und They are us im Sinne der Rede der Premierministerin Neuseelands geben wird und ihr alle, liebe Hamburgerinnen und Hamburger, seid hierfür der beste Beweis und dafür danken wir euch.

Wir möchten uns insbesondere bei jenen Hamburgerinnen und Hamburgern bedanken, die als Zeichen ihrer Anteilnahme Blumen vor einige unserer Gemeinden niedergelegt haben. Dass auch bundesweit Menschen Blumen an Moscheen niedergelegt und ihre Anteilnahme ausgesprochen haben, stimmt uns hoffnungsvoll.

Kirchen, sowie die jüdischen Gemeinden haben bundesweit wichtige Worte der Solidarität gefunden und Zusammenhalt demonstriert. Diese Solidaritätsbekundungen versinnbildlichen, dass nicht der Hass, sondern das Mitgefühl, die Empathie und das friedliche Miteinander obsiegen werden.

Unser Dank gilt auch jenen Journalisten, die mit ihrer Berichterstattung aufzeigen, dass es für Rassismus und Gewalt keinen Platz in unserer Gesellschaft gibt. Wir haben wohlwollend Titelseiten und Kommentare registriert, wie z.B. das Titelblatt der Morgenpost, auf dem schwarz unterlegt lediglich der Text: „Der Massenmörder von Christchurch filmte sich bei seiner monströsen Tat, damit diese Bilder um die Welt gehen. Von uns bekommt er dafür keinen Platz“, stand und das gestrige Titelblatt der Neuseeländischen Zeitung „The Press“ wo auf weißem Untergrund das Wort Selam auf arabisch mit der Übersetzung Frieden stand und die Namen der 50 Opfer aufgelistet waren.

Der Täter ist ein rechtsextremistischer antimuslimischer Terrorist, der an die menschenverachtende Ideologie der „White Supremacy“ – der rassistischen Theorie der weißen Überlegenheit- anknüpft, die auch hinter den Terroranschlägen von Utøya und Oslo (2011), auf die Emanuel AME Church in Charleston (2015), auf das Centre culturel islamique de Québec (2017), auf die Finsbury Park Mosque in London (2017) und auf die Tree of Life Synagogue in Pittsburgh (2018) steht. An diesen Beispielen wird deutlich sichtbar, wie global der Rechtsextremismus verzweigt und vernetzt ist. Wir wissen, dass terroristische Anschläge nicht in einem Vakuum geschehen. Anschläge auf Muslime sind auch Folge einer weit verbreiteten Stimmungsmache gegen den Islam und einer Dämonisierung von Muslimen. Ziel des Terroranschlags in Christchurch waren ausschließlich Muslime und der tragende Beweggrund war antimuslimischer Rassismus; dies muss klar benannt werden.

Vielen Vertretern von Politik und Medien fällt es jedoch schwer, die Anschläge als antimuslimisch zu bezeichnen und hierzulande wird noch immer darüber diskutiert, ob der Islam oder die Muslime Teil Deutschlands seien. Der Innenminister kann trotz zahlreicher registrierter islamfeindlicher Übergriffe auf Moscheen und Muslime, kein islamfeindliches Klima erkennen. Viele Medien fahren fort, ihrer altbekannten Rhetorik zu folgen und fokussieren sich auf den Täter, statt auf die Opfer. Titelseiten wie die der Daily Mirror, sprachen ernsthaft von einem „Angelic boy“ – einem engelsgleichen Jungen, der später zu einem rechtsextremistischen Killer wurde. In Christchurch waren die Opfer Muslime, gemeint aber sind WIR ALLE: Der Terror zielt auf unser Zusammenleben in einer offenen, demokratischen und pluralistischen Gesellschaft.

Wir wissen, dass dieser Hass und diese Ideologie nicht nur in Neuseeland und Australien, sondern auch bei uns in Deutschland existieren. Auch hier erhalten Rechtsradikale und Rechtspopulisten immer mehr Zulauf. Der offene Rassismus wird immer lauter.

Die Türen der Hamburger Moscheen stehen auch offen für alle und es ist nicht auszuschließen, dass es Nachahmer geben könnte. Einige unserer Moscheegemeinden haben sich bereits mit Bedenken um ihre Sicherheit an uns gewandt. Wir bleiben aufmerksam und werden weiterhin Gespräche mit der Stadt führen.

Wir wollen, dass der wachsende Rassismus gegenüber Muslimen ernstgenommen wird und setzen uns dafür ein, dass notwendige Maßnahmen ergriffen werden, die die Sicherheit und das würdevolle Miteinander aller Menschen in Hamburg gewährleisten. Wir machen aber auch deutlich, dass uns nichts davon abhalten wird, weiterhin unsere Moscheen zu besuchen. Unser Glaube ist stärker als der Hass von Terroristen. Wir werden weder ihren Hass erwidern noch werden wir sie fürchten.

Als islamische Religionsgemeinschaft kommt uns laute Kritik zu Ohren, die besagt, dass wenn die Opfer Muslime sind, in Politik und Medien mit doppeltem Maß gemessen wird, dass in den sonst so diskutierfreudigen Talkshows und in der Medienberichterstattung laut geschwiegen wird, dass Chefredakteure von Nachrichtensendern wie die Tagesschau und Tagesthemen es nicht für nötig befunden haben, einen Brennpunkt zum terroristischen Anschlag in Christchurch zu senden und dass es keine Trauermärsche von Politikern Hand in Hand für den Frieden gibt, wenn die Opfer Muslime sind.

Wir sind uns bewusst, dass die Kritik nicht die positive Anteilnahme überschatten und Oberhand gewinnen darf, aber wir sind uns auch bewusst, dass wir nicht naiv sein dürfen, indem wir die Gefahr unterschätzen, die nicht nur von Rassisten und Extremisten ausgeht, sondern auch von einigen Medien und Politikern und sogenannten Islamkritikern, die sich weiterhin an der Stimmungsmache gegen den Islam bereichern und an einer starken Stigmatisierung der Religionsausübung, etwa des Kopftuchtragens beteiligt sind.

Für Frauen mit Kopftuch sind Berufsverbote, Ausgrenzung und Alltagsrassismus in Form von verbaler und körperlicher Gewalt Teil ihrer Lebensrealität. Das prominenteste Beispiel ist zweifelsohne Marwa el Sherbini und leider gibt es noch viele andere. Am vergangenen Dienstag z.B. hat ein Mann in Neukölln einer schwangeren Frau mit Kopftuch in den Bauch geboxt, woraufhin sie im Krankenhaus behandelt werden musste. Der Hass ist da, nicht nur auf der Straße, sondern auch im Bundestag, in den Medien oder zuhauf in den Kommentarspalten im Internet. Er ist öffentlich und er ist laut und es wird ihm eine Bühne geboten. Sogenannte Islamkritiker und Islamexperten profitieren schon lange vom Geschäft des Muslim-Bashings.

Während hierzulande die Beschäftigung mit dem Kopftuch zu den Lieblingssportarten der Spalter und Hetzer geworden ist, trugen gestern nicht nur die Premierministerin selbst, sondern auch zahlreiche Frauen in Neuseeland bei der zentralen Gedenkfeier als Zeichen ihrer Solidarität Tücher um ihre Köpfe.

Die Neuseeländerin Bell Sibly äußerte dazu: „Wenn wieder jemand mit einer Waffe auftaucht und sie auf Menschen richtet, dann möchte ich dazwischenstehen. Er soll keinen Unterschied erkennen zwischen uns. Denn es gibt keinen.“

Der Imam der Al-Nur-Moschee, Gamal Fouda, einer der Überlebenden des Anschlags, sagte gestern: „Danke dafür, wie Sie uns mit einem einfachen Tuch eine Ehre erweisen.“

Wir haben heute dazu aufgerufen, gemeinsam ein Zeichen zu setzen, für ein friedliches, würdevolles und gleichberechtigtes Zusammenleben von ALLEN Menschen!

Und auch wir sagen allen Hamburgerinnen und Hamburgern: Danke dafür, dass ihr unserem Aufruf gefolgt seid und uns mit eurem einfachen Erscheinen eure Solidarität ausdrückt.

Es ist wichtig für uns, dass wir alle gemeinsam unsere Stimme erheben und uns diesem Hass entgegenstellen und dass wir gemeinsam sagen:

Wir lassen uns nicht spalten! Wir lassen uns nicht einschüchtern!

Wir stehen ein für ein gemeinsames WIR!

Wir stehen gemeinsam ein gegen Rassismus, Nationalismus, Islamfeindlichkeit und Antisemitismus!

Gegen Hass und Gewalt! Für Menschlichkeit und Barmherzigkeit! Für Mitgefühl und Frieden!

Wir dürfen nicht zulassen, dass Überlegenheitsansprüche und Hass auch in unserem Umfeld in Gewalt münden.

Als Islamische Religionsgemeinschaft fühlen wir uns mit unserer Stadt und allen Hamburgerinnen und Hamburgern verbunden. Zahlreiche Organisationen und Institutionen haben uns sofort ihre Unterstützung für diese Kundgebung zugesichert, die Bischöfin, die Islamische Religionsgemeinschaft Ditib Nord, die Linke und die SPD beteiligen sich mit Redebeiträgen – und ihr alle – liebe Hamburgerinnen und Hamburger – seid hier erschienen, das bedeutet uns viel.

Dafür möchten wir als islamische Religionsgemeinschaft in Hamburg, im Namen der Schura und unserer 55 Mitgliedsvereine unseren ausdrücklichen Dank aussprechen.

Friede sei mit euch und ihnen allen – Assalamu alaykum ve rahmetullahi ve berakatuhu

Kritik an verschärftem Abschiebungshaftvollzugsgesetz

Rendsburg/Kiel. 27. März 2019

Diakonie und Flüchtlingsrat in Schleswig-Holstein protestieren gegen den aktuellen Gesetzentwurf der Landesregierung zur geplanten Abschiebungshaft in Glücksstadt. Der Entwurf enthalte unangemessene Härten. Außerdem habe die Koalition keine der konstruktiven Verbesserungsvorschläge aus der Anhörung vor dem Innen- und Rechtsausschuss des Landtages im vergangenen Januar aufgenommen, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung. Das Gesetz soll heute in zweiter Lesung im Kieler Landtag beraten werden.

Bei der Anhörung Ende Januar hatten Landesbeauftragte, Flüchtlingsorganisationen, Wohlfahrtsverbände, Kirchen, Anwälte, Richter sowie Polizisten einhellig Kritik an dem Gesetzentwurf geübt und grundlegende Veränderungen eingefordert. Bemängelt wurden unter anderem mögliche Inhaftierungen von Familien und Minderjährigen, unzureichende behördenunabhängige Angebote für eine Verfahrensberatung sowie zu restriktive Handy- und Internetregelungen. Stattdessen wurde auf die zwischen 2003 bis 2014 gesammelten Erfahrungen in der ehemaligen Abschiebungshafteinrichtung in Rendsburg verwiesen. Dort gab es eine unabhängige Verfahrungsberatung. Außerdem konnten Inhaftierte über eigene Mobiltelefone, Bargeld und Medikamente verfügen.

Diakonie-Vorstand und Landespastor Heiko Naß bedauert, dass die Landesregierung in der aktuellen Überarbeitung des Gesetzentwurfs die Kritik und Verbesserungsvorschläge nicht berücksichtigt hat. „Eher das Gegenteil ist eingetreten“, sagt Heiko Naß. „Der aktuelle Entwurf enthält zusätzliche Härten. Dazu gehören umfangreiche Regelungen zu einer möglichen Fixierung von psychisch auffälligen Inhaftierten. Das lehnen wir ab. Psychisch erkrankte Geflüchtete gehören nicht in eine Haftanstalt, sondern sollten in entsprechenden Kliniken behandelt werden.“

Abgesehen von den einzelnen Kritikpunkten lehnen Diakonie und Flüchtlingsrat die geplante Abschiebehafteinrichtung in Glückstadt grundsätzlich ab. „Flucht ist kein Verbrechen!“, betont Martin Link vom Flüchtlingsrat. „Das neue Gesetz trägt dazu bei, die Integrität von Menschen zu beschädigen, die nichts verbrochen haben, als hierzulande vergeblich Schutz zu beantragen. Hinzu kommen die Erfahrungen mit der ehemaligen Abschiebehaftanstalt in Rendsburg. Sie haben gezeigt, dass Zwangsmaßnahmen wenig dazu beitragen, die Ausreisepflicht von Betroffenen durchzusetzen.“ Nach Angaben des damaligen Landesbeirates für den Vollzug der Abschiebungshaft in Schleswig-Holstein wurden beispielsweise 2013 nur sieben Prozent der 254 in Rendsburg einsitzenden Menschen in ihr Herkunftsland zurückgeführt.

Für Rückfragen:
Friedrich Keller Pressesprecher, Diakonisches Werk Schleswig-Holstein
Tel: 04331-593 197; Mobil: 0174-94 500 90
E-Mail: presse@diakonie-sh.de

Grundsatzurteil zur Abschiebungspraxis

Ein von Fluchtpunkt erstrittenes Grundsatzurteil des Verwaltungsgerichts Hamburg (Urteil vom 15.2.2019, 9 K 1669/18) wird dazu führen, dass sich die Hamburger Abschiebungspraxis in einem wesentlichen Punkt ändern muss.

Bisher war es bei unangekündigten Abschiebungen, die zumeist in den frühen Morgenstunden stattfinden, üblich, dass die Vollzugsbeamtinnen und –beamten die Wohnräume der Betroffenen in den Flüchtlingsunterkünften betraten und ggf. durchsuchten, ohne dafür zuvor eine richterliche Erlaubnis eingeholt zu haben.

Fluchtpunkt hatte gegen diese Praxis geklagt, da in das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung aus Art. 13 GG nur aufgrund eines richterlichen Beschlusses eingegriffen werden darf, sofern nicht Gefahr im Verzuge ist. Letzteres dürfte bei geplanten Abschiebungen i.d.R. nicht der Fall sein.

Das Verwaltungsgericht hat unsere Rechtsauffassung nun in einem Grundsatzurteil vollumfänglich bestätigt:

Auch die von Geflüchteten privat genutzten Räume in einer Flüchtlingsunterkunft genießen den Schutz des Art. 13 GG. Für ihr Öffnen und Betreten im Rahmen einer Abschiebung ist deshalb ein richterlicher Durchsuchungsbeschluss erforderlich. Diesen wird die Ausländerbehörde Hamburg in Zukunft regelmäßig einzuholen haben.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache hat das Verwaltungsgericht die Berufung vor dem Oberverwaltungsgericht zugelassen.

Das Urteil wurde vom Verwaltungsgericht veröffentlicht.

Der Text stammt von Fluchtpunkt.

Fluchtpunkt

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Neue Regeln: Mitwirken am Widerruf des eigenen Flüchtlingsstatus?

Viele anerkannte Flüchtlinge haben in den letzten Monaten Post erhalten: Sie werden vom BAMF zu Befragungen oder zur Überprüfung ihrer Identität eingeladen. Diese Gespräche sollen vor allem der Überprüfung dienen, ob der Schutzstatus der jeweiligen Person zu widerrufen ist. Bislang waren diese Einladungen freiwillig, eine Teilnahme war nicht verpflichtend. Das ändert sich jetzt: Am 12. Dezember ist eine Änderung des Asylgesetzes in Kraft getreten, nach der im Widerrufsverfahren nun ähnlich weitreichende Pflichten zur Mitwirkung gelten wie im eigentlichen Asylverfahren. Betroffene können z. B. verpflichtet werden, an einer (erneuten) Anhörung teilzunehmen, Pässe und sonstige Unterlagen vorzulegen bzw. erst zu beschaffen und an einer Überprüfung ihrer Identität, u. a. durch Fingerabdrucknahme, mitzuwirken.

Bisher galt: Wenn das BAMF Grund zu der Annahme hatte, dass ein Flüchtling keinen Schutz mehr benötigt, konnte ihm dies schriftlich mitgeteilt werden. Betroffene hatten dann Gelegenheit zur Stellungnahme, bevor u. U. ein Widerruf erging. Die Gründe für den Widerruf musste das BAMF aber selbst feststellen. Mit den neuen Regelungen wird dieses Verfahren auf den Kopf gestellt: Es wird de facto ein Vorverfahren eingeführt, in dem nach Widerrufsgründen erst gesucht wird. Und liefern soll diese Gründe der geflüchtete Mensch selbst – indem er zur Teilnahme an einer weiteren Anhörung verpflichtet wird, an deren Ende womöglich aus Abweichungen zum früheren Vortrag ein Widerrufsgrund konstruiert wird.

Dies bedeutet auch, dass Menschen, die nach der Flucht aus einem Kriegsgebiet oftmals gerade erst begonnen haben, sich zu stabilisieren, erneut verunsichert und verängstigt werden. Viele der Geflüchteten sind als besonders schutzbedürftig einzustufen – ein erheblicher Teil von ihnen hat mit multiplen psychischen Folgen aufgrund der Ereignisse im Herkunftsland und den Belastungen im Rahmen einer erzwungenen Migration zu kämpfen. Der extreme psychische Stress, dem diese Menschen ausgesetzt waren, führt sehr oft zu starken Unruhezustände und hoher Anspannung, Schlafstörungen, Panikattacken und Angstzuständen. Das ganze seelische System kann nur dann schrittweise zur Ruhe kommen, wenn Sicherheits-, Kontroll- und Selbstwirksamkeitsgefühl wieder Einzug halten.

Die erneute Befragung und erzwungene Konfrontation mit den belastenden Fluchthintergründen wird die Betroffenen in maximalen Stress versetzen. Das gerade erst neu entstehende Vertrauen in staatliche (Schutz-)Strukturen, in Verlässlichkeit von Entscheidungen und in Planbarkeit von eigenen Lebensentwürfen wird damit jäh untergraben: Gefühle von Ausgeliefertsein und Ohnmacht entstehen aufs Neue.

Dies kann bei vielen Menschen, insbesondere denen, die traumatisiert und /oder psychisch erkrankt sind, eine erhebliche psychische Destabilisierung zur Folge haben. Aus der Traumaforschung ist bekannt, dass Informationen unter hohem Stress anders verarbeitet werden. Erinnerungen sind dann oftmals fragmentiert, also räumlich und zeitlich nicht korrekt im Langzeitgedächtnis abgespeichert. Allein vor diesem Hintergrund ist die Gefahr sehr groß, dass es bei einer erneuten Befragung zu Abweichungen zu früheren Vorträgen kommen wird.
Dies ist in solchen Fällen kein Zeichen fehlender Glaubwürdigkeit. Zu befürchten ist aber, dass es dennoch so interpretiert und als Widerrufsgrund gegen die Betroffenen verwendet wird.

Begründet wurde diese Gesetzesänderung damit, dass 2014/15 eine große Zahl von Geflüchteten im sog. vereinfachten Verfahren ohne Prüfung ihrer Asylgründe als Flüchtling anerkannt worden sei, insbesondere Syrerinnen und Syrer. Diese Behauptung trifft jedoch so nicht zu. Die Anerkennung erfolgte damals bei bestimmten Gruppen ohne mündliche Anhörung, was das BAMF entlasten sollte. Eine schriftliche Anhörung, in deren Rahmen die Betroffenen ihre Fluchtgründe darlegen mussten und z. B. auch befragt wurden, ob sie ZeugInnen von Kriegsverbrechen geworden seien, fand aber auch in diesen Fällen statt. Es ist nie ein Mensch ohne jede Prüfung in Deutschland als Flüchtling anerkannt worden.

Ein Widerruf der Flüchtlingseigenschaft käme deswegen an sich nur in Betracht, wenn das BAMF Hinweise hätte, dass die im schriftlichen Verfahren vorgetragenen Gründe nicht mehr vorliegen. Stattdessen wird die Schutzbedürftigkeit und auch die Glaubwürdigkeit der Betroffenen öffentlich in Zweifel gezogen. Zu befürchten ist, dass es der Behörde vor allem darum geht, Syrerinnen und Syrern nachträglich den Flüchtlingsstatus zu entziehen, der bis Ende 2015 noch häufig zuerkannt wurde, und sie in den subsidiären Schutz für Bürgerkriegsflüchtlinge herunterzustufen – mit unabsehbaren Folgen z. B. für noch nicht abgeschlossene Verfahren des Familiennachzugs.

Die erneute, flächendeckende Überprüfung des gewährten Schutzes, obwohl in Syrien nach wie vor ein Bürgerkrieg tobt und ein diktatorisches Regime herrscht, bringt für die Betroffenen massive Verunsicherung mit sich. So sieht integrationsfeindliche Politik aus, zumal die Regelfrist für die Überprüfung des Schutzes nach Forderungen aus der Union von drei auf fünf Jahre verlängert werden soll. Wir raten allen Betroffenen dennoch zur Ruhe und empfehlen dringend:

1. Lassen Sie ein erhaltenes Schreiben von Ihrer Anwältin / Ihrem Anwalt überprüfen! Nur eine „Einladung“, die korrekt auf die neuen gesetzlichen Mitwirkungspflichten und die Folgen eines Verstoßes hinweist, ist verbindlich.

2. Lassen Sie sich von Ihrer Anwältin / Ihrem Anwalt zum Umgang mit einem solchen Schreiben beraten! Einer gültigen „Einladung“ wird man voraussichtlich Folge leisten müssen. Es kann aber im Einzelfall unterschiedlich sein, wie weit Sie zur Mitwirkung verpflichtet sind. Auch, ob Sie zu vollständigem Vortrag Ihrer Fluchtgründe verpflichtet sind oder sich auf Ihr früheres Asylverfahren berufen können, kann im Einzelfall verschieden sein.

3. Die Beantragung eines Nationalpasses führt zum Erlöschen des Flüchtlingsschutzes. Insbesondere diesen Schritt sollten Sie nur tun, wenn das BAMF Sie explizit dazu auffordert, und nur nach vorheriger anwaltlicher Beratung.

Der Text stammt von Fluchtpunkt/Beratungsstelle der Diakonie

Fluchtpunkt

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Seenotretter in Not

Während europäische Politikerinnen und Politiker Weihnachten und Silvester feierten, warteten die „Sea-Watch 3“ und die „Sea-Eye“ mit insgesamt fast 50 Geflüchteten (darunter acht Minderjährige) vor der Küste Maltas auf Aufnahme in einen Hafen. Ihnen wurde die Einfahrt in einen sicheren Hafen verweigert, was dazu führte, dass eine Grundversorgung und medizinische Hilfe für alle Menschen auf dem Boot bei kalten Temperaturen auf dem Meer verweigert wurde.

Das Herz!

Der Bürgermeister von Neapel appellierte, die Seawatch in den Hafen zu lassen und löste damit eine Welle der Solidarität aus. Daraus ist dieses Video entstanden.

https://www.facebook.com/aricco/videos/10216516674582370/

Die Bundesregierung begann, statt Solidarität und Menschlichkeit zu zeigen, eine zähe Einzelfall-Verhandlung innerhalb der EU-Staaten. Eine Aufnahme der Menschen sollte nur erfolgen, wenn sich eine beachtliche Zahl anderer EU-Staaten ebenfalls beteiligen würden, sagte Innenminister Seehofer. Auf lokaler Ebene hingegen, erklärten sich über 30 Kommunen und Bundesländer bereit den Menschen zu helfen und sie aufzunehmen.

Nachdem sich endlich für die 49 Geflüchteten eine Lösung gefunden hatte, fuhr die „Sea-Watch 3“ wieder aus und war als einziges ziviles Rettungsschiff auf Mission. An einem Wochenende, an dem 100 Menschen auf dem Mittelmeer starben, konnten 47 Menschen von der „Sea-Watch 3“ gerettet werden. Dem Rettungsschiff wurde wieder die Einfuhr in einen sicheren Hafen verboten. Erst nach einer Beschwerde von Überlebenden und Besatzungsmitgliedern des Rettungsschiffs „Sea-Watch 3“ hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) eine Grundrechtsverletzung festgestellt und eine einstweilige Maßnahme verfügt.  Auch wenn diese Entscheidung menschenrechtlich notwendig und überfällig ist, wird sie keine langfristige, solidarische und menschliche Lösung für die Rettungs-Blockade der EU-Staaten herbeiführen.

Kirchenasyl-Geschichtenkalender

©Mauricio Bustamante

Liebe Hamburgasyl-Leser*innen,

die Weihnachtszeit ist vorbei, nicht aber die unklare Situation vieler Menschen, die im Kirchenasyl leben. Daher wollen wir den Kalender noch ein wenig hier stehen lassen, um die Geschichten von Geflüchteten, Unterstützer*innen, aus Gemeinden und von Pastor*innen zu erzählen.

Alle Erzähler*innen leben hier im Norden als unsere Nachbarinnen und Nachbarn.

www.kirchenasyl-adventskalender.de

 

 

Diakonie veröffentlicht Handreichung zum Umgang mit Rechtspopulismus

Das Erstarken rechtspopulistischer Kräfte stellt auch die Wohlfahrtspflege vor neue Herausforderungen: Erzieher, die beim Wickeln auf einen Hakenkreuz-Body stoßen. Pflegeheimbewohnerinnen, die nur von deutschen Pflegekräften versorgt werden wollen. Spenden von Pegida nur für „deutsche“ Obdachlose. Mitarbeitende, die auf Facebook gegen Flüchtlinge hetzen. Ehrenamtliche Flüchtlingshelfer, die bedroht werden – unerfreuliche Einzelbeispiele aus der Arbeit der Diakonie.Die Diakonie hat dazu am 28. November 2018 in Berlin eine Handreichung zum Umgang mit Rechtspopulismus vorgestellt. „Sie richtet sich an alle, die in der Diakonie jeden Tag engagiert an der Seite der Menschen arbeiten“, sagt Diakonie-Präsident Ulrich Lilie. „Das Erstarken rechtspopulistischer Kräfte stellt auch die Diakonie vor neue Herausforderungen. Wir dulden in unseren Einrichtungen keinen Rassismus oder Antisemitismus, keine Ausgrenzung oder gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“, erklärt der Diakonie-Chef weiter. “Die Diakonie bleibt bei ihrem christlichen Selbstverständnis und an der Seite der Schwachen und Benachteiligten“, sagt Lilie. Die Angebote der Diakonie stehen allen Menschen offen, unabhängig von Hautfarbe und Geschlecht, Weltanschauung und Religion. Mit der Handreichung will die Diakonie ihren Mitarbeitenden helfen, angemessen auf Provokationen und Tabubrüche – auch aus den eigenen Reihen – zu reagieren. „Die Frage ist doch, wo müssen wir klare Grenzen setzen, und an welcher Stelle können wir gelassen bleiben, um den Populisten nicht in die Hände zu spielen?“, fragt Lilie.

https://hamburgasyl.de/wp-content/uploads/Umgang-mit-Rechtspopulismus.pdf

Engagiert statt nur besorgt

Postkarten-Aktion wirbt um „Verfassungsschützer“ und „Volle Kanne Selbstvertrauen“

50.000 Postkarten werden ab 22. November als CityCards in über 290 Standorten von Hamburg, Norderstedt, Wedel und Pinneberg verteilt: Sie werben überwiegend in Restaurants um Spenden für die Unterstützung notleidender Menschen. „Engagiert statt nur besorgt“ heißt die Kampagne. Hauptamtliche MitarbeiterInnen diakonischer Einrichtungen haben den Spenden-Aufruf gemeinsam entwickelt. In Hamburg wenden sich „Patchwork – Beratungsstelle für Frauen in Häuslicher Gewalt“, und „fluchtpunkt“, die kirchliche Beratungsstelle für Flüchtlinge, mit dem Aufruf an die Öffentlichkeit.

„Den Schutz der Verfassung überlassen wir nicht dem Verfassungsschutz“. Mit dieser Postkarte ruft „fluchtpunkt“ auf zu finanzieller Unterstützung seiner Rechtsberatung für Flüchtlinge. Fluchtpunkt bietet Flüchtlingen eine kostenlose Rechtshilfe, arbeitet unabhängig von staatlichen Stellen und ist auf Spenden angewiesen. „Wir vertreten die Klientinnen und Klienten vor Behörden und Gerichten. Das ist in dieser Form ziemlich einmalig“, erklärt Leiterin Anne Harms. Die Arbeit erfordert eine hohe Spezialisierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und viel Zeit in jedem einzelnen Fall. Die Arbeit ist deshalb vergleichsweise teuer, aber sehr erfolgreich. Leiterin Anne Harms: „Das Grundrecht auf Asyl ist ein Kernbestand unserer Verfassung. Leider wird es durch Schnellverfahren, Verschärfung der Beweislast und Deklarierung sicherer Herkunftsländer mehr und mehr ausgehöhlt. Es wird schwerer, den Verfolgten und Bedrohten zu ihrem Recht zu verhelfen und so die Verfassung zu schützen. Diesen Schutz der Verfassung überlassen wir nicht dem Verfassungsschutz. 50 Euro finanzieren eine Rechtsberatung. Wer spendet, wird auf diese Weise zum  Verfassungsschützer.

„Volle Kanne Selbstvertrauen“ heißt die Postkarte von „Patchwork“. Mitarbeiterinnen der Beratungsstelle für Frauen in Häuslicher Gewalt haben den Slogan entwickelt. Sie beraten seit 21 Jahren Frauen, die Opfer von Gewalt geworden sind. Viele Ehrenamtliche sind von neun bis 19 Uhr telefonisch erreichbar. Die Grundausstattung finanziert der Träger, das Diakonische Werk Hamburg-West/Südholstein. Für einen einladenden Cafébetrieb des Beratungscafés in Hamburg-Ottensen mit Personal und Getränken sucht Patchwork Spender. In einer angenehmen Atmosphäre kann der geschützte Gesprächsraum Vertrauen schaffen. „Frauen in häuslicher Gewalt brauchen viel Unterstützung, um in ihrem Selbstwert gestärkt zu werden“, sagt Mitarbeiterin Annette von Schröder. „Der Schritt in das Patchwork-Café ist auch ein Schritt aus der Gewaltspirale. 50 Euro finanzieren eine Stunde Cafébetrieb. Schenken Sie volle Kanne Selbstvertrauen.

Das Diakonische Werk Hamburg-West/Südholstein unterstützt die Postkarten-Werbung. Andrea Makies, kaufmännische Geschäftsführerin: „Wir würden uns freuen, wenn viele Menschen die Postkarten entdecken, mitnehmen und die Kontonummer für eine Spende an die Einrichtung nutzen.“  Eine Internet-Seite www.engagiert-statt-nur-besorgt.de bietet online Spendenformulare und Informationen über den Spendenzweck.

 

Kontakt für die Presse:

 

fluchtpunkt – Kirchliche Beratungsstelle für Flüchtlinge in Hamburg“:
Anne Harms, Leiterin – info@fluchtpunkt-hamburg.de – Tel. (040) 43 25 00 80
Eifflerstraße 3 – 22769 Hamburg

 

 

 

Patchwork – Beratungsstelle von Frauen für Frauen gegen Gewalt:
Annette von Schroeder, info@patchwork-hamburg.org  –  Tel. (040) 38 61 08 43
Bahrenfelder Straße 255 – 22765 Hamburg

 

 

 

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Fotos: Postkarten für „fluchtpunkt“ und „Patchwork“.  Fotos: Archiv Diakonisches Werk Hamburg-West/Südholstein

Menschenrechte statt Grenzen schützen!

Vom 9. bis 11. November 2018 fand in Hamburg die Jahrestagung der Ökumenischen Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche statt. Unter dem Titel „Kirchenasyl zwischen Institution und Bewegung“ kamen über 100 TeilnehmerInnen aus ganz Deutschland  zusammen, um die Auswirkungen der aktuellen Abschottungspolitik und der neuen Sanktionen gegen das Kirchenasyl zu diskutieren.

„Wir brauchen als Kirchenasylbewegung die Vernetzung und den Austausch untereinander. Einerseits als Bestärkung und Ermutigung nach innen, andererseits, um weiterhin entschlossen für das Kirchenasyl einzutreten.“, so Dietlind Jochims, Vorsitzende der Ökumenischen Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) Asyl in der Kirche. „Anstatt anzuerkennen, dass das Dublin-System gescheitert ist, wird den Kirchengemeinden vorgeworfen, sich nicht an die Regeln zu halten. Es geht uns um eine Würdigung jedes Einzelfalls. Das geht in der aktuellen Diskussion um oft unter.“ In Workshops, Vorträgen und Podiumsdiskussionen widmeten sich die Teilnehmenden der Tagung den Entwicklungen im deutschen und europäischen Asylrecht, dem gesellschaftlichen Diskurs um Migration und Flüchtlinge, sowie Fragen rund um das Kirchenasyl.

Ausgehend von den Diskussionen während der Tagung veröffentlichte die BAG Asyl in der Kirche eine Abschlusserklärung  mit deutlicher Kritik an der derzeitigen europäischen Asylpolitik. Dietlind Jochims dazu: „Bei jedem Kirchenasyl geht es um eine individuelle Härte. Mit jedem Kirchenasyl wird aber auch das Bild eines europäisches Asylsystems deutlicher, das vollkommen unterschiedliche Standards und Anerkennungsquoten in den einzelnen Mitgliedsstaaten hat. Von Humanität und Achtung der Menschenwürde ist in dieser Asyllotterie wenig zu spüren.“

Die Abschlusserklärung ist hier als PDF Datei zu finden.

Dietlind Jochims
Vorsitzende der Ökumenischen BAG Asyl in der Kirche e.V.
dietlind.jochims@oemf.nordkirche.de