Pressemitteilung Diakonie

Wiesbaden/Berlin, 26. April 2023 –  Die Diakonie Deutschland appelliert an Bund und Länder, die Integration von Geflüchteten in den Arbeitsmarkt endlich gemeinsam voranzutreiben. Dazu müsse der Bund auch die Migrationsberatung auskömmlich finanzieren. Von den Ländern erwartet die Diakonie politische Unterstützung – mit eigenen und mit den Kommunen abgestimmten Strategien, so die Diakonie anlässlich der Integrationsministerkonferenz in Wiesbaden.

Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik Diakonie Deutschland: „Ohne Zuwanderung könnten wir unseren Fach- und Arbeitskräftebedarf nicht decken und unsere Sozialkassen würden jedes Jahr schrumpfen. Auch in Zukunft werden Flüchtlinge nach Deutschland kommen. Die Menschen fliehen vor Krieg, Verfolgung, Unterdrückung und wirtschaftlicher Not. Deutschland kann aus der Not der Aufnahme eine Tugend zur Steigerung des Arbeitskräftepotenzials machen. Die Menschen, die schon da sind, müssen einen schnellen Zugang zum Arbeitsmarkt bekommen. Davon profitiert unsere Gesellschaft! Diese Integration kostet Geld und die Asylverfahren dauern. Das muss zukünftig schneller gehen. Damit Geflüchtete, die schon länger hier in Deutschland leben, diese verlorene Zeit für eine Eingliederung in den Arbeitsmarkt schnell wieder aufholen können, braucht es gezielte Vorbereitungen zur Integration in den Arbeitsmarkt und eine starke und nachhaltige soziale Arbeit. Nötig ist eine verlässlichere und nachhaltige Finanzierung. Eine gesicherte Migrationsberatung unterstützt nachhaltig die Integration in den Arbeitsmarkt.“

Außerdem fordert die Diakonie Deutschland eine Härtefallregelung, die es in Deutschland geborenen und aufgewachsenen Menschen mit ungeklärter Identität und Staatsangehörigkeit ermöglicht, mit Erreichen der Volljährigkeit eingebürgert zu werden. Maria Loheide: „Wer mit ungeklärter Identität in Deutschland geboren und aufgewachsen ist, darf nicht ein Leben lang zum Opfer einer Sicherheitslogik werden. Wir sind ein Land der Menschenrechte.“

https://www.diakonie.de/diakonie-zitate/diakonie-zitat-fluechtlinge-schneller-in-den-arbeitsmarkt-integrieren

Weitere Informationen:

Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ist dank der Zuwanderung – auch aus humanitären Gründen – auf einem Höchststand: https://www.destatis.de/DE/Themen/Arbeit/Arbeitsmarkt/Erwerbstaetigkeit/Tabellen/inlaender-inlandskonzept.html

Mit gezielter individueller und bedarfsgerechter Beratung könnten es noch mehr sein. Die Diakonie betreibt mehrere hundert Migrationsfachdienste: https://www.diakonie.de/wissen-kompakt/migrationsfachdienste/

Verzögerte Leistungen

Diakonie: Zuständigkeitswechsel verzögert Leistungen für Geflüchtete

Geflüchtete, die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) erhalten, haben es zur Zeit schwer, tatsächlich an die ihnen zustehenden Leistungen zu kommen. Beratungsstellen berichten von verzweifelten Menschen, die wochen- und monatelang keine Grundsicherungsleistungen nach dem AsylbLG erhalten. Grund dafür ist die zentralisierte Zuständigkeit des Amtes für Migration seit dem 1. Januar 2023. Dirk Hauer, Migrationsexperte des Diakonischen Werks Hamburg: „Die Umstellung der Zuständigkeit hat zu unerträglich langen Bearbeitungszeiten geführt. Inzwischen gibt es Fälle, in denen Menschen seit dem Zuständigkeitswechsel keinen Cent bekommen haben. Zudem erfolgen Rückmeldungen an Beratungsstellen sehr verzögert, und die Erreichbarkeit per Telefon oder E-Mail ist für Betroffene und Berater*innen äußert schwierig geworden.“

Insbesondere wenn es um Leistungsansprüche und existenzielle Fragen geht, sollten sich Menschen auf schnelles Behördenhandeln ohne Verzögerungen verlassen können. Dirk Hauer: „Leistungsgewährende öffentliche Stellen müssen für jede und jeden schnell und gut erreichbar sein, im Zweifel auch direkt und analog. Das gilt erst recht für Personen, denen es nicht leichtfällt, Behördensprache zu verstehen oder sich selbst und ihr Anliegen verständlich zu machen.“

Das Diakonische Werk Hamburg fordert deshalb, dass Leistungen so lange weiter gewährt werden, bis Anträge geprüft und beschieden sind. Dirk Hauer: „Wenn aus welchen Gründen auch immer schnelles Behördenhandeln nicht möglich ist, so darf das nicht zu Lasten der Leistungsberechtigten gehen.“

Für inhaltliche Fragen steht Ihnen gern Bettina Clemens unter Tel. 040-30620-242 oder clemens@diakonie-hamburg.de zur Verfügung.

Asylbewerberleistungsgesetz abschaffen

Viele Geflüchtete erhalten zum Leben lediglich Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz – und damit weniger als das neue Bürgergeld, das laut Gesetz das menschenwürdige Existenzminimum sicherstellen soll. Hamburgasl hat zusammen mit weiteren Menschenrechtsorganisationen, Wohlfahrtsverbände und Anwält*innenverbände den Apell unterschrieben: Es gibt nur eine Menschenwürde – Asylbewerberleistungsgesetz abschaffen!
Wir fordern gleiche Standards für alle: Das Asylbewerberleistungsgesetz muss abgeschafft werden. Die Betroffenen müssen in das reguläre Sozialleistungssystem eingegliedert werden.

Im Folgenden der Appell von Anfang 2023 im Wortlaut:

Seit dem 1. Januar 2023 erhalten materiell bedürftige Menschen in Deutschland das sogenannte Bürgergeld. Das Bürgergeld tritt an die Stelle der bisherigen Hartz-IV Leistungen. Geflüchtete wurden dabei allerdings nicht mitgedacht: Denn wie schon bei Hartz IV bleiben asylsuchende und geduldete Menschen auch vom Bürgergeld ausgeschlossen. Statt des regulären Sozialrechts gilt für sie das Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG).

Das Asylbewerberleistungsgesetz besteht seit 1993. Es ist ein Sonderrecht für geflüchtete Menschen. Das Leistungsniveau des Asylbewerberleistungsgesetzes unterschreitet das sozialrechtliche Existenzminimum erheblich. Die Regelsätze sind viel niedriger. Oft werden Geldleistungen durch Sachleistungen ersetzt, die die Menschen diskriminieren und entmündigen. Weil Sachleistungen den individuellen Bedarf nie wirklich decken können, stellen sie in der Konsequenz eine weitere drastische Leistungskürzung dar. Die Einschränkung der Gesundheitsversorgung führt oft zu verschleppter, verspäteter und unzureichender Behandlung. Sanktionen führen häufig zu weiteren Kürzungen, die mitunter über viele Jahre aufrechterhalten werden. Durch die fehlende Einbindung in das reguläre
Sozialsystem werden die Betroffenen zudem von den Maßnahmen der Arbeitsförderung weitgehend ausgeschlossen.

Erklärtermaßen hoffte man auf eine abschreckende Wirkung: Niedrige Geldbeträge und die Sachleistungsversorgung sollten Geflüchtete zur Ausreise bewegen. Menschenrechtsorganisationen, Wohlfahrtsverbände, Kirchen und Anwält*innenverbände sind sich seit Einführung des Gesetzes darin einig, dass das Asylbewerberleistungsgesetz wieder abgeschafft werden muss.

2012 hat das Bundesverfassungsgericht in einer wegweisenden Entscheidung dafür gesorgt, dass die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zumindest vorübergehend annähernd dem Hartz-IV-Niveau entsprachen. Zugleich erteilte das höchste deutsche Gericht dem Ansinnen, Sozialleistungen zur Abschreckung Asylsuchender einzusetzen, eine deutliche Absage: „Die in Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz garantiert Menschenwürde ist migrationspolitisch nicht zu relativieren“ (Beschluss vom 18.7.2012 – 1 BvL 10/10).

Trotzdem kürzte die Große Koalition die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz in den Jahren 2014 bis 2019 in mehreren Schritten erneut und weitete den Anwendungszeitraum von 15 auf 18 Monate aus. 2022 hat das Verfassungsgericht die 2019 eingeführten zusätzlichen Leistungskürzungen für Alleinstehende in Sammelunterkünften als verfassungswidrig gekippt (Beschluss vom 19.10.2022 – 1 BvL 3/21). Ein weiteres Verfahren ist anhängig (1 BvL 5/21).

Auch zu den Sanktionen, die das Asylbewerberleistungsgesetz vorsieht, hat sich das Bundesverfassungsgericht geäußert. Aus dem Urteil zu den Hartz-IV-Sanktionen vom 5.11.2019 geht klar hervor, dass die Sanktionen des Asylbewerberleistungsgesetzes mit dem Grundgesetz nicht vereinbar sind.

Das Asylbewerberleistungsgesetz verstößt damit gegen das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum, das Grundrecht auf Gleichheit, das Sozialstaatsgebot (Art. 1, 3, 20 GG), das Grundrecht auf Gesundheit und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 GG), die UN-Kinderrechtskonvention und den UN-Sozialpakt.

Die Bundesregierung will das Asylbewerberleistungsgesetz laut Koalitionsvertrag von 2021 »im Lichte der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts« überarbeiten, doch das reicht nicht aus. Letztlich bleibt es damit beim doppelten Standard.

Unsere Forderungen

Es kann nicht zweierlei Maß für die Menschenwürde geben. Wir fordern das gleiche Recht auf Sozialleistungen für alle in Deutschland lebenden Menschen, ohne diskriminierende Unterschiede. Das Asylbewerberleistungsgesetz muss abgeschafft werden. Die Betroffenen müssen in das reguläre Sozialleistungssystem einbezogen werden. Dies erfordert insbesondere folgende Änderungen:

  1. Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes und Einbeziehung Geflüchteter ins Bürgergeld bzw. die Sozialhilfe (SGB II/XII). Auf migrationspolitisch motivierte Kürzungen und Sanktionen ist gemäß dem Urteil des BVerfG aus 2012 ausnahmslos zu verzichten.
  2. Einbeziehung aller Geflüchteten in die Sprach‑, Qualifizierungs- und Arbeitsförderungsinstrumente des SGB II.
  3. Einbeziehung geflüchteter Menschen in die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung (SGB V/XI). Dabei muss sichergestellt sein, dass auch Menschen ohne Papiere jederzeit ohne Angst vor Abschiebung Zugang zum Gesundheitssystem haben. Insbesondere muss ein Anspruch auf Sprachmittlung bei Inanspruchnahme von Leistungen im Gesundheitswesen verankert werden.
  4. Von Krankheit, Traumatisierung, Behinderung, Pflegebedürftigkeit Betroffene sowie schwangere, alleinerziehende und ältere Menschen und geflüchtete Kinder müssen – entsprechend ihrem Recht aus der EU-Aufnahmerichtlinie – einen Anspruch auf alle aufgrund ihrer besonderen Situation erforderlichen zusätzlichen Leistungen erhalten (insbesondere nach SGB IX, SGB VIII u.a.).
  5. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes sind als Geldleistungen auszugestalten.

Hintergrundinformationen und eine Liste aller Unterzeichnenden Organisationen finden Sie auf www.proasyl.de.

Offener Brief

Offener Brief von Flüchtlingsinitiativen an Innensenator Grote: Senat muss Versprechen für Drittstaatsangehörige aus der Ukraine endlich einlösen

Die Lage von aus der Ukraine geflohenen Menschen ohne ukrainische Staatsangehörigkeit – insbesondere der Gruppe der Studierenden unter ihnen – spitzt sich weiter zu. Viele dieser Personen stehen vor der Ausweisung, obwohl ihnen ausdrücklich „eine Brücke für eine Fortsetzung des Studiums“ zugesagt worden war. Diese Zusage wird aber nicht eingelöst.
Mehrere Organisationen, die seit Jahren Geflüchtete bei der Integration in Deutschland unterstützen und sich in den vergangenen 12 Monaten speziell um die Studierenden aus Drittstaaten gekümmert haben, haben nun einen offenen Brief an Innensenator Grote geschrieben, in dem sie die Einlösung des Versprechens aus dem vergangenen Jahr einfordern:

Sehr geehrter Herr Innensenator Grote,

der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat nicht nur die ukrainischen Staatsangehörigen betroffen. Auch zahlreiche Personen aus anderen Staaten, die in der Ukraine ihren Lebensmittelpunkt hatten, waren zur Flucht gezwungen. Viele von diesen Drittstaatsangehörigen waren zum Studieren in die Ukraine gekommen. Für die Studierenden war vom Hamburger Senat zunächst eine Sonderregelung eingeführt worden. Von den aktuell 1.048 drittstaatsangehörigen Studierenden aus der Ukrainehaben bislang 423 ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht (in Form einer Fiktionsbescheinigung) für sechs Monate erhalten, die ihnen vorübergehend einen mit den ukrainischen Staatsangehörigen vergleichbaren Rechtsstatus einräumte.

Diese Regelung war ausdrücklich als „Brücke“ zu einer Fortsetzung des Studiums in Deutschland geplant. Zudem sollte nach Ablauf der sechs Monate eine „wohlwollende“ Prüfung auf andere Möglichkeiten des Aufenthaltes (z.B. FSJ oder Berufsausbildung) stattfinden.

Die Praxis zeigt: Das Gegenteil ist der Fall. Es werden in der ganz überwiegenden Mehrheit der Fälle Ablehnungen des Antrags auf Aufenthaltserlaubnis ausgesprochen und eine kurzfristige Ausreise verfügt. Nur insgesamt 41 Aufenthaltserlaubnisse für Studium, studienvorbereitende Sprachkurse, Ausbildung, Arbeit als Fachkraft und (in der großen Mehrzahl) Freiwilligendienst wurden bislang ausgestellt. Die Begründungen sind dabei häufig schwer bis gar nicht nachvollziehbar. Sprachkurse werden als unzureichend angesehen, obwohl sie die behördlichen Anforderungen erfüllen – aber die Behörde fragt nicht nach, gibt keine Gelegenheit zu Ergänzungen. Bei der Ablehnung wird inhaltlich keine Begründung geliefert, warum der konkrete Sprachkurs nicht ausreichend sein soll. Was es bräuchte, wäre die klare Benennung von Anforderungen, zudem müssten ausreichend lange Fristen für die Vorlage von Nachweisen gewährt und der Mangel an erschwinglichen Intensiv-Sprachkursen behoben werden. Viele der Drittstaatsangehörigen aus der Ukraine scheitern zudem am Erfordernis der Lebensunterhaltssicherung. Für ein Studium sollen sie über 900 Euro monatlich nachweisen, und das für ein ganzes Jahr im Voraus. Das können oft weder sie noch ihre Familien leisten. Bei Ausbildungen und Freiwilligendiensten führt es zur Ablehnung, wenn das Monatseinkommen nur wenige Euro unter dem „Soll“ liegt. Hier muss der Senat helfen mit Teilstipendien oder Überbrückungsdarlehen. Stattdessen wird auf die Betroffenen Druck zur Ausreise ausgeübt.

Zudem verweigert das Amt für Migration den Studierenden in vielen Fällen das sonst übliche Anhörungsrecht vor Erlass einer negativen Entscheidung. Eine ordnungsgemäße Anhörung setzt voraus, dass den Antragstellenden der Grund für die Ablehnung der beantragten Aufenthaltserlaubnis mitgeteilt wird und sie dazu Stellung nehmen können. Dies wurde praktisch bei allen Drittstaatsangehörigen versäumt. Stattdessen wurden Ausreiseverfügungen erlassen, bei denen vorgelegte Nachweise häufig schlichtweg nicht berücksichtigt wurden. 

Die Bearbeitung der Verfahren vermittelt einen teils chaotischen Eindruck. Wartezeiten im Amt für Migration von vier Stunden und mehr waren der Regelfall, nachweislich übersandte Dokumente fehlten in den Akten, ein Kontakt zu den Personen, die in den Verfahren Entscheidungen treffen, ist nicht möglich. Die Träger von Freiwilligendiensten mussten teilweise monatelang auf aufenthaltsrechtliche Klärung warten, bis der zugesagte Freiwilligendienst beginnen konnte.

Eine echte Chance auf eine Fortsetzung des Studiums oder auf eine Ausbildung in einem dringend benötigten Beruf sieht anders aus. Wie wenig der Senat die Zusage einlöst, die mit der Studierendenregelung gemacht wurde, wie eklatant Grundsätze einer rechtsstaatlichen Verfahrensführung verletzt werden, hinterlässt uns fassungslos. So darf es nicht weiter gehen. Wir fordern Sie auf, durch klare Anweisungen an die Entscheider:innen im Amt für Migration rechtliche Klarheit zu schaffen und den Betroffenen eine echte Perspektive in Deutschland zu ermöglichen. Die meisten der Drittstaatsangehörigen sind mit ihrer Qualifikation und ihren Deutschkenntnissen bereits auf einem Niveau, mit dem sie zeitnah eine qualifizierte Beschäftigung aufnehmen und zur Milderung des Fachkräftemangels in Hamburg beitragen können. Sie haben es in der Hand, dazu beizutragen.

Im Namen der folgenden Organisationen, die sich um die Unterstützung und Integration von Geflüchteten engagieren, schreiben wir Ihnen diesen Brief:

Bündnis Hamburger Flüchtlingsinitiativen (BHFI) hamburgasyl – Arbeitsgemeinschaft Kirchliche Flüchtlingsarbeit
Asmara’s World e.V. ARRiVATi- Community Care & Empowerment
Refugee Law Clinic (RLC) Universität Hamburg  

Kontakt

Dr. Katherine Braun,  hamburgasyl, Arbeitsgemeinschaft Kirchliche Flüchtlingsarbeit
Tel: 0171 6816001, E-Mail: Katherine.Braun@flucht.nordkirche.de

Manfred Ossenbeck, Bündnis Hamburger Flüchtlingsinitiativen (BHFI)
Tel: 0171 2027137, E-Mail: manfred.ossenbeck@bhfi.de

Gleiches Recht für alle

Breites zivilgesellschaftliches Bündnis fordert ein Jahr nach Kriegsbeginn in der Ukraine vollständige Gleichbehandlung von aus der Ukraine geflüchteten Schutzsuchenden aus Drittstaaten.

Am 24. Februar jährte sich der russische Angriffskrieg. Am 4. März 2022 wurde zum ersten Mal der vorübergehende Schutz vom Europäischen Rat aktiviert. Mehr als eine Million geflüchtete Menschen aus diesem Krieg wurden mittlerweile in Deutschland registriert – Ukrainische Staatsangehörige und Menschen aus anderen Staaten, die ihren Lebensmittelpunkt in der Ukraine hatten.

Nach wie vor besteht dringender Handlungsbedarf, was die Situation zahlreicher Drittstaatsangehöriger und Staatenloser aus der Ukraine in Deutschland angeht.

Derzeit befinden sich in Deutschland etwa 38.000 Geflüchtete aus der Ukraine ohne ukrainischen Pass. Da sie nicht wie ukrainische Staatsangehörige pauschal von der Anwendung der EU-Richtlinie 2001/55/ EG zum vorübergehenden Schutz profitieren, die in Deutschland mit der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 24 AufenthG für zwei Jahre für zwei Jahre einhergeht, sind viele Menschen jetzt schon von Abschiebung bedroht, bei anderen laufen bald Fiktionsbescheinigungen aus. Obwohl sie vor demselben Krieg wie ukrainische Staatsangehörige geflohen sind und Schutz suchen, ist ihre derzeitige Situation von Unsicherheit, Diskriminierung und Willkür geprägt.

Die Auslegung und Umsetzung der EU-Richtlinie unterscheidet sich je nach Bundesland. Viele Betroffene sind einer absoluten Willkür bei den Entscheidungen der einzelnen Ausländerbehörden und Sachbearbeiter*innen ausgesetzt. Der Ermessensspielraum der Behörden wird nur sehr selten zu Gunsten der Betroffenen genutzt. Dies hat zur Folge, dass die Erwerbstätigkeit in manchen Bundesländern gänzlich untersagt ist, anderenorts eine Ausreiseaufforderung nach der anderen eingeht.

Während Entwicklungsministerin Schulze und Arbeitsminister Heil in Ghana und Bundeskanzler Scholz in Indien versuchen, Fachkräfte anzuwerben, sollen hochqualifizierte Menschen ohne ukrainischen Pass, die sich aufgrund des Krieges in der Ukraine seit einem Jahr in Deutschland befinden, ausgewiesen werden. Diese Willkür muss ein Ende haben.

1)  Das zivilgesellschaftliche Bündnis fordert konkrete, langfristige und einheitliche aufenthaltsrechtliche Lösungen für alle geflüchteten Menschen aus der Ukraine

Das Bündnis fordert die Bundesregierung auf:

  • Die EU-Richtlinie über den vorübergehenden Schutz – breit und bundesweit – einheitlich anzuwenden. Die Aufenthaltserlaubnis gem. § 24 AufenthG ist für alle Menschen zu erteilen, die in der Ukraine ihren Lebensmittelpunkt hatten. Hierbei sollte anerkannt werden, dass der Beginn eines Studiums auch dazu zählt.

Viele Familien haben ihre gesamten finanziellen Mittel ausgeschöpft, um in die Zukunft ihrer Kinder zu investieren. Andere haben alles in ihren Herkunftsländern aufgegeben, um sich in der Ukraine ein Leben aufzubauen. Dies ist von der Bundesregierung in der Umsetzung zu berücksichtigen sowie klar, öffentlich und transparent zu kommunizieren.

  • Aufenthaltstitel nach §24 AufenthG auszustellen, um nicht-ukrainischen Staatsangehörigen den Zugang zu Integrationsmaßnahmen zu ermöglichen.

Sie bekommen somit die Möglichkeit, die Voraussetzungen für andere Aufenthaltserlaubnisse nach dem vorübergehenden Schutz zu erfüllen, sich gegebenenfalls an Universitäten zu immatrikulieren, um ihr Studium fortzusetzen oder sich um eine Ausbildung oder Arbeit zu bemühen. Bereits abgelaufene Fiktionsbescheinigungen müssen bis dahin rückwirkend verlängert werden.

  • Die Beweisanforderungen bei Anträgen auf eine Aufenthaltserlaubnis den entsprechenden Umständen der aktuellen Situation anzupassen.

Vor dem Hintergrund, dass viele Menschen derzeit nicht die notwendigen Dokumente aus der Ukraine bzw. deren Auslandsvertretungen beschaffen können, muss eine alternative Glaubhaftmachung – z.B. über eine Eidestattliche Versicherung –  beim Beleg von Familienbindungen, Immatrikulationen an Universitäten  in  der Ukraine    oder  dem Wohnsitz  dort, ermöglicht werden.

  • Die Aufenthaltserlaubnis gem. § 24 AufenthG ist für alle Menschen zu erteilen, die in der Ukraine ihren Lebensmittelpunkt hatten.

Hierbei sollte anerkannt werden, dass der Beginn eines Studiums auch dazu zählt. Viele Familien haben ihre gesamten finanziellen Mittel ausgeschöpft, um in die Zukunft ihrer Kinder zu investieren. Andere haben alles in ihren Herkunftsländern aufgegeben, um sich in der Ukraine ein Leben aufzubauen. Dies ist von der Bundesregierung in der Umsetzung zu berücksichtigen sowie klar, öffentlich und transparent zu kommunizieren.

  • Aufenthaltstitel nach §24 AufenthG auszustellen, um nicht-ukrainischen Staatsangehörigen den Zugang zu Integrationsmaßnahmen zu ermöglichen.

Sie bekommen somit die Möglichkeit, die Voraussetzungen für andere Aufenthaltserlaubnisse nach dem vorübergehenden Schutz zu erfüllen, sich gegebenenfalls an Universitäten zu immatrikulieren, um ihr Studium fortzusetzen oder sich um eine Ausbildung oder Arbeit zu bemühen. Bereits abgelaufene Fiktionsbescheinigungen müssen bis dahin rückwirkend verlängert werden.

  • Den Zugang zu Deutsch- und Integrationskursen für alle Personen zu ermöglichen, die einen Antrag auf vorübergehenden Schutz gestellt haben
  • Den Zugang zum Arbeitsmarkt für alle Menschen, die einen Antrag auf vorübergehenden Schutz gestellt haben, gleichermaßen zu gewährleisten.

Der Zugang zum Arbeitsmarkt ist Bestandteil der EU-Richtlinie über den vorübergehenden Schutz und eine wichtige Voraussetzung für Teilhabe und Aufbau der für einen anschließenden Aufenthaltstitel nötigen finanziellen Ressourcen.

Manche Bundesländer erteilen Drittstaatsangehörigen aus der Ukraine Fiktionsbescheinigungen mit dem Satz “Erwerbstätigkeit nicht erlaubt”. Die Ausländerbehörden müssen bundesweit einheitlich den Zugang zum Arbeitsmarkt durch Ausstellung von Fiktionsbescheinigungen nach §24 AufenthG mit Erlaubnis der Erwerbstätigkeit ermöglichen, ungeachtet des vermuteten Ausgangs einer Antragsstellung auf vorübergehenden Schutz.

2) Den Zugang zur Aufenthaltsgenehmigung zum Zweck des Studiums (§16b AufenthG) im Anschluss an den §24 AufenthG und durch geringere Anforderungen an finanzielle Mittel zu vereinfachen.

Ein Studium in Deutschland ist für ausländische Studierende aus Nicht-EU-Staaten nur mit enormen finanziellen Ressourcen möglich. Auch, um dem großen Fachkräftemangel in Deutschland entgegenzuwirken, sollte der Zugang zum Studium über geringere Anforderungen an die Aufenthaltserlaubnis und mehr verfügbare Stipendien vereinfacht werden. Auch eine Finanzierung des Studiums durch eigene Arbeit muss einheitlich und überall ermöglicht werden.

Bei unvorhergesehenen Ereignissen im Herkunftsland muss es möglich sein, dass auch während eines Aufenthalts nach §16b AufenthG und anderen Paragraphen Betroffene individuelle Grün- de für eine nicht-sichere und/oder nicht-dauerhafte Rückkehr ins Herkunftsland oder die Herkunftsregion erneut prüfen lassen können.

3)  Die Bundesregierung muss sich für den Schutz von Drittstaatsangehörigen in der gesamten EU einsetzen.

Das zivilgesellschaftliche Bündnis fordert die Bundesregierung auf, sich einzusetzen für:

  • Eine sichere Einreise ohne Diskriminierung für alle Menschen, die aufgrund des russischen Angriffskriegs in der Ukraine fliehen bzw. weiterfliehen müssen – ungeachtet ihrer Staatsange- hörigkeit. Auch Personen, die sich nicht ausreichend ausweisen können oder keinen biometrischen Reisepass haben, muss unter reduzierten Beweisanforderungen eine Einreise in das EU-Gebiet ermöglicht werden.
  • Die diskriminierungsfreie Weiterreise innerhalb der EU. Auch innerhalb der EU müssen gemäß der EU-Richtlinie 2001/55/EG Menschen aus der Ukraine unabhängig von ihrem Reisepass weiterreisen dürfen.
  • Eine weit gefasste Anwendung der Richtlinie zum vorübergehenden Schutz, in der alle Menschen, die  bei Kriegsausbruch ihren Wohnsitz in der Ukraine hatten, Berücksichtigung finden.
  • Die umgehende Beteiligung u.g. zivilgesellschaftlicher Unterstützungsorganisationen in den Arbeitsgruppen auf EU-, Bundes-, Landes-  und Kommunaler Ebene für die Umsetzung der EU-Richtlinie 2001/55/EG zum vorübergehenden Schutz.
  • Die Verlängerung der Anwendung des vorübergehenden Schutzes aufgrund des Kriegs in der Ukraine bis 2025.

Im Namen aller unterzeichnenden Organisationen

Pressemitteilung als pdf-Dokument mit allen unterzeichnenden Organisationen und Gruppen

Keine Strafe für Kirchenasyl

Berlin/Hamburg, den 28. Februar: Pressemitteilung der Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche e.V.

Nach beinahe drei Jahren können wir heute mit Äbtissin Mechthild Thürmer aus Kirchschletten in Bayern aufatmen. Das Amtsgericht Bamberg stellte das Verfahren wegen Gewährung von Kirchenasyl in mehreren Fällen wegen Geringfügigkeit nach § 153 StPO ein. Seit Sommer 2020 wartete Mutter Mechthild auf diesen Termin und das Verfahren zog sich aus verschiedenen Gründen in die Länge. Bereits im Februar 2022 bestätigte das Bayrische Oberste Landesgericht den Freispruch Bruder Abrahams. Auch ihm war Beihilfe zum illegalen Aufenthalt durch die Gewährung von Kirchenasyl vorgeworfen worden. Das Oberlandesgericht hatte noch einmal festgestellt, dass das Gewähren von Kirchenasyl keine Straftat darstellt. Die Strafverfolgung von Kirchenasyl fand regelhaft in den letzten Jahren ausschließlich in Bayern statt.

Wir freuen uns mit Mutter Mechthild und allen, die sich für die Rechte Geflüchteter einsetzen, über die heutige Gerichtsentscheidung! Wir hoffen, dass hiervon auch Signalwirkung ausgeht und sich die Behördenpraxis ändert. Wir fordern die Bayrischen Behörden, die Strafverfolgung von Kirchenasyl einzustellen. Die geflüchteten Kirchenasyl-Gäste sowie die Kirchengemeinden und Ordensgemeinschaften fordern die Humanität und menschenwürdige Behandlung ein, die eigentlich allen Menschen zusteht. Mit dem Kirchenasyl schaffen wir den Zugang zu Grundrechten, der im europäischen Asylsystem zunehmend ausgehebelt wird. Das Engagement von Mutter Mechthild und so vielen anderen verdient Anerkennung, nicht Bestrafung.

Pastorin Dietlind Jochims
Vorsitzende der Ökumenischen BAG Asyl in der Kirche e.V.

https://www.kirchenasyl.de/wp-content/uploads/2023/02/2023-02-28-PM-Keine-Strafe-fuer-Kirchenasyl.pdf

Lange Wartezeiten bedrohen Existenz

Pressemitteilung der Diakonie Hamburg: Bearbeitungsstau in den bezirklichen Abteilungen für Ausländerangelegenheiten

In den bezirklichen Abteilungen für Ausländerangelegenheiten müssen Menschen mit Flucht- und Migrationsgeschichte teilweise mehrere Monate warten, bis ihre Anfragen, Terminwünsche oder Verlängerungsanträge für Aufenthaltstitel bearbeitet werden. Seit einem Jahr weisen Beratungsstellen, Ehrenamtsinitiativen und Verbände gegenüber den Bezirken und der Innenbehörde immer wieder auf diese Missstände hin, ohne dass bisher Verbesserungen erkennbar wären. Dazu Dirk Hauer, Experte des Diakonischen Werks Hamburg: „Hier geht es ja nicht um ein neues KFZ-Kennzeichen. Vielmehr sind diese Wartezeiten für viele Betroffene existenziell bedrohlich. Oft genug hängt an der rechtzeitigen Verlängerung eines Aufenthaltstitels der Job oder die Wohnung oder beides. Sowohl personelle Engpässe als auch die digitale Umstellung der Hamburger Verwaltung dürfen nicht dazu führen, dass dadurch Menschen in existenzielle Krisensituationen gestürzt werden.“

Das Diakonische Werk Hamburg fordert daher, dass Aufenthaltstitel und sich daraus ergebende Leistungsansprüche automatisch zumindest so lange verlängert werden, bis Verlängerungsanträge bearbeitet und beschieden werden können.

Job und Ausbildungsplatz sind oft an den Aufenthaltstitel gebunden. Verzögerungen bei der Verlängerung von Aufenthaltstiteln führen zudem immer wieder dazu, dass Leistungen nach dem SGB II oder Berufsausbildungsbeihilfe nicht ausgezahlt werden. Verzögerte Mietzahlungen und die Gefahr von Wohnungsverlust sind die Folge. Beratungsstellen berichten auch immer wieder davon, dass ohne gültigen Aufenthaltstitel der Krankenversicherungsschutz bedroht ist oder dass Banken das Online-Banking sperren.

https://www.diakonie-hamburg.de/de/presse/pressemitteilungen/Diakonie-haelt-Wartezeiten-in-den-bezirklichen-Abteilungen-fuer-Auslaenderangelegenheiten-fuer-Existenz-bedrohend/

Brüssel-Reise 2023

Die EU beeinflusst mit ihren Regeln, Richtlinien und Verordnungen viele Bereiche unserer Gesellschaft und Politik. In wenigen anderen Feldern wird dies so deutlich wie in der Flüchtlings- und Migrationsarbeit. In Brüssel wird mitentschieden, wer unter welchen Bedingungen kommen und bleiben darf. Trotzdem bleibt die Vorstellung von „der EU“ oft vage. Mit unserer Studienreise nach Brüssel wollen wir dies ändern. Was für ein Akteur ist die EU im Kontext der Globalisierung? Welche Rolle spielt die EU für die Einhaltung von Menschenrechten? Am Beispiel der Themen „Flucht und Migration“ möchten wir Einblick in die europäische Politik, ihre Handlungsmöglichkeiten und Ziele erhalten.

In Brüssel kommen wir mit EU-Abgeordneten und mit zivilgesellschaftlichen Akteuren zu Fragen von Flucht und Migration, Lobbyarbeit und Entwicklungspolitik ins Gespräch. Wir werden in die Arbeitsweise der EU vor Ort eingeführt, besuchen das Europäische Parlament, die EU-Kommission und Nichtregierungsorganisationen (u.a. Churches Commission for Migrants in Europe (CCME), European Council on Refugees and Exiles (ECRE) und auch das Büro der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD)), die in Brüssel zu Flucht, Migration und Menschenrechten arbeiten.

Veranstalter der Studienreise ist der Kirchliche Entwicklungsdienst der Nordkirche in Kooperation mit dem Zentrum für Mission und Ökumene – Nordkirche weltweit.

Die Reiseleitung übernehmen Dietrich Gerstner, Referent für Menschenrechte und Migration im Zentrum für Mission und Ökumene und Dr. Katherine Braun, Referentin für kirchliche Flüchtlingsarbeit im Büro der Flüchtlingsbeauftragten der Nordkirche.

Die Reise findet statt von Sonntag, 22. bis Freitag, 27. Oktober 2023. Wir fahren gemeinsam von Hamburg aus mit der Bahn nach Brüssel. Dort übernachten wir im Institute of Cultural Affairs, einer schlichten Unterkunft zwischen EU-Viertel und Altstadt. 

Wichtiger Hinweis: Vor Ort werden wir die meisten Termine zu Fuß aufsuchen, da unser Quartier in der Nähe des Europaviertels liegt! Das Quartier selbst ist ebenfalls nicht barrierefrei eingerichtet!

Wir beantragen die Anerkennung der Reise als Bildungsurlaub in den Bundesländern Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein.

Im Rahmen eines Vorbereitungsseminars in der Missionsakademie Hamburg (Freitag, 15./ Samstag, 16. September 2023) werden wir die Studienreise gemeinsam mit Referent*innen inhaltlich und organisatorisch vorbereiten. Wir erhalten eine erste Einführung in die Arbeitsweise der EU und bringen uns auf den aktuellen Stand der Flüchtlingspolitik. Darüber hinaus werden wir das Programm der Reise vorstellen und organisatorische Fragen beantworten. Die Teilnahme am Vorbereitungsseminar ist bindender Bestandteil der Reise.

Der Eigenbeitrag für das Vorbereitungsseminar und die Reise beträgt 350 € (Reduzierung auf Anfrage möglich). Darin enthalten sind Übernachtung und Verpflegung während des Vorbereitungsseminars in der Missionsakademie Hamburg, die Bahnfahrt hin und zurück von Hamburg nach Brüssel, Übernachtung und Frühstück im ICAB sowie eine weitere Mahlzeit an den vier Programmtagen in Brüssel und natürlich die Kosten für das Programm.

Die Reise richtet sich explizit an Menschen, die in der Flüchtlings- und Migrationsarbeit aktiv sind. Sie werden daher gegenüber anderen Interessierten bevorzugt. Für die Auswahl der Reiseteilnehmer*innen spielt eine ausgewogene Mischung aus Ehren- und Hauptamtlichen, Frauen bzw. Männern, Lebensälteren – und jüngeren und natürlich die Verortung in einem der drei Bundesländer der Nordkirche (Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein) eine Rolle. Darum bitten wir bei Ihrer verbindlichen Bewerbung um Angaben zu Ihrem Engagement (Art und Ort), Alter und Geschlecht. Menschen mit einer internationalen Herkunftsgeschichte ermutigen wir besonders sich zu bewerben.

Wir planen eine Gruppengröße von max. 18 Personen (incl. Reiseleitung).

Anmeldungen bitte bei Ines Behrends unter 040 / 30620 1530 oder ines.behrends@ked.nordkirche.de. Informationen zu Inhalten und Programm der Reise gibt es bei Dietrich Gerstner 040 / 881 81-332; d.gerstner@nordkirche-weltweit.de.

https://www.ked-nordkirche.de/veranstaltungen.html

Kundgebung gegen den Krieg

„Gegen den Krieg. Für Demokratie, Solidarität und soziale Gerechtigkeit“

Am 24. Februar 2023 jährt sich der russische Angriff auf die Ukraine. Mit einem Bündnis aus Gewerkschaften, Sozial- und Wohlfahrtsverbänden und Kirche rufen wir an diesem Tag auf zu einer Kundgebung um 16 Uhr auf dem Hamburger Rathausmarkt. Landespastor Dirk Ahrens wird eine Rede halten.

Aufruf:

Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine dauert nun schon ein ganzes Jahr. Mit jedem Tag wird er brutaler. Wir – die Hamburger Gewerkschaften, Kirchen und Sozial- und Wohlfahrtsverbände – verurteilen die kriegerische Aggression Russlands auf die Ukraine auf das Schärfste. Das größte Leid trägt die Zivilbevölkerung. Viele Menschen fanden bereits den Tod, erlitten grausame Verluste, sind auf der Flucht. Und ein Ende ist nicht in Sicht. Weiterhin fordern wir die russische Regierung auf, die Angriffe sofort zu beenden. Lassen Sie die Waffen endlich schweigen! Es ist unerlässlich, unverzüglich nach diplomatischen Lösungen am Verhandlungstisch zu suchen!

Dieser Krieg stellt alte Gewissheiten in Frage. Freiheit und demokratische, offene Gesellschaften müssen gegen Angriffe von innen und außen verteidigt werden. Unsere Solidarität in diesem Krieg gilt den Menschen in der Ukraine, die sich gegen einen völkerrechtswidrigen Angriff verteidigen. Es ist gut, dass Europa einig an ihrer Seite steht und Solidarität zeigt. Das große Ziel muss weiterhin eine europäische und internationale Friedensordnung sein, die auf Menschenrechten, den Prinzipien der Freiheit, der Selbstbestimmung und der sozialen Gerechtigkeit beruht.

In den letzten Monaten haben Themen, wie das Sondervermögen für die bessere Ausrüstung der Bundeswehr oder die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine, die öffentliche und politische Diskussion geprägt. Diese breite und offene Debatte ist notwendig. Gleichzeitig wissen wir auch: Die Finanzierung militärischer Friedenssicherung darf die soziale Ungleichheit in unserem Lande nicht verschärfen. Seit Monaten steigen die Preise in nahezu allen Bereichen sowohl bei den Verbrauchsgütern als auch bei den Wohnkosten, ganz besonders auf dem Energiemarkt. Für Menschen mit geringem und mittlerem Einkommen, für Rentner*innen, Auszubildende, Studierende und Arbeitslose ist das tägliche Leben kaum noch bezahlbar. Die Entlastungspakete der Bundesregierung gehen in die richtige Richtung, reichen aber nicht aus. Auch Hamburg muss hier noch nachbessern.

Wir verlangen darüber hinaus ab sofort eine sozial gerechte Entlastung, bei der Menschen mit viel Geld stärker belastet werden als Menschen mit wenig Geld. Vermögensabgaben und eine gerechtere Besteuerung sehr hoher Einkommen können für diese gerechte Entlastung sorgen. Wer von der Krise profitiert, Konzerne etwa, die hohe Gewinne einfahren, muss solidarisch sein. Übergewinne sollten abgeschöpft und zur Gegenfinanzierung der Entlastungen genutzt werden.

Tausende Menschen aus der Ukraine und anderen Kriegsregionen der Welt suchen in unserem Land Schutz. Ihre Integration hat Priorität. Dafür braucht es eine echte Willkommenskultur. Es ist unsere Verantwortung, dass alle Geflüchteten sich bei uns sicher fühlen und sie nicht dem Hass rechter, antidemokratischer Kräfte ausgesetzt sind. Es ist auch unsere Verantwortung, dass sie in ordentlichen Jobs arbeiten und nicht als billige Arbeitskräfte ausgebeutet werden.

Ein Jahr nach dem Krieg ist der Handlungsbedarf groß. Wir appellieren an alle und ganz besonders an die Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft: Sorgen wir dafür, dass eine soziale Spaltung in unserer Gesellschaft aufgehalten wird, verteilen wir die Krisenkosten sozial gerecht und stärken wir diplomatische Wege aus dem aktuellen grausamen Krieg!

Aufrufende sind der DGB Hamburg, die Diakonie Hamburg, der SoVD, der Mieterverein zu Hamburg, die AWO, der Paritätische und die Evangelisch-lutherische Kirche in Norddeutschland.

https://www.diakonie-hamburg.de/de/artikel/Gegen-den-Krieg.-Fuer-Demokratie-Solidaritaet-und-soziale-Gerechtigkeit/

#saytheirnames

Die AG Kirchliche Flüchtlingsarbeit unterstützt den Aufruf des Hamburger Bündnis gegen Rechts zur Demonstration zum Gedenken an die Opfer der rassistischen Morde von Hanau und gegen den rechten Terror!

Wann: Sonntag, den 19. Februar um 13 Uhr
Wo: Wilhelmsburger Platz, Veddel

Am 19. Februar 2020 wurden in Hanau neun junge Menschen aus rassistischen Gründen erschossen. Der Täter aus der Nachbarschaft hat sich vor den Augen der Sicherheitsbehörden auf seine Tat vorbereitet wie es bereits der Täter von Halle, der dort ein Blutbad in der Synagoge anrichten wollte, und der Mörder von Walter Lübcke in Kassel tun konnten.

Die Prozesse und Urteile gegen die Mörder des NSU, von Halle und Kassel haben noch einmal deutlich gemacht: Das Ausmaß rechten Terrors wird nach wie vor verharmlost durch die immer wiederholte These von „Einzeltätern“, die die Rolle ihrer gemeinsamen Ideologie vom „großen Austausch“ und angeblicher weißer Überlegenheit ebenso ausblendet wie die rechte Vernetzung auch streichen in der digitalen Welt.

Drei Jahre nach Hanau: kein Vergeben, kein Vergessen – gemeinsam gegen Rassismus und Faschismus!

Das Massaker von Hanau steht in einer langen Reihe rassistischer Morde in Deutschland und deren lückenhafter Aufklärung. Welche Rolle spielen dabei rechte Netzwerke in der Polizei und anderen Behörden? Unerträglich sind anhaltende rassistische Hetze und Ausgrenzungsstrategien der AfD, aber auch nicht endende Debatten über Themen wie „mangelnde Integration“, „Parallelgesellschaften“ und „Leitkultur“. Durch beides fühlen sich potentielle Attentäter in ihren Auffassungen bestätigt und zur Tat ermutigt.

Auch drei Jahre nach dem Anschlag gibt es viele Fragen, keine Antworten, keine Konsequenzen. Die Angehörigen und Überlebenden fordern Erinnerung, Gerechtigkeit, Aufklärung und Konsequenzen! Warme Worte von oben haben die Angehörigen satt: „Wir brauchen Taten statt Worte. Wir können nicht auf den nächsten Anschlag warten!“ hieß der eindringliche Appell aus Hanau an die Öffentlichkeit. Daran wollen wir zum Jahrestag des Massakers erinnern und unsere Solidarität demonstrieren. Denn nicht zuletzt hat auch die Veröffentlichung des Geheimberichts des hessischen Verfassungsschutzes gezeigt: staatliche Strukturen sind im Kampf gegen rechte Strukturen oft nicht nur untätig – ihre Tätigkeit steht der Aufklärung z.B. des NSU-Komplexes entgegen.

Die Forderungen der Angehörigen aus Hanau sind auch unsere!

Um dem rechten Terror ein Ende zu setzen, um Rassismus, Antisemitismus und Antiziganismus wirksam entgegenzutreten, dürfen wir es nicht bei Fassungslosigkeit und Trauer belassen. Wir unterstützen die Selbstorganisierung der Betroffenen und stehen an ihrer Seite. Der Kampf gegen Rassismus, Antisemitismus und Antiziganismus ist untrennbar verbunden mit der Solidarität im gemeinsamen Kampf für soziale Gerechtigkeit und Teilhabe, gegen strukturelle Diskriminierung bei der Wohnungs- und Arbeitssuche, gegen rassistische Beleidigungen, Polzeigewalt, Racial Profiling und rechte Diskurse aller Art.

Die Toten von Hanau und Halle, der versuchte Mord an Ahmet I., der Mord an Walter Lübcke, die Opfer des NSU, die Morddrohungen gegen Politiker*innen, die Drohungen des NSU 2.0 gegen bekannte Aktivistinnen, die Ignoranz gegen das Sterben von tausenden Geflüchteten im Mittelmeer [und an EU-Außengrenzen] – das alles zeigt uns, wie notwendig der gemeinsame Kampf gegen Faschismus und Rassismus ist.

Für Aufklärung und Konsequenzen müssen wir selbst kämpfen: Schließen wir uns zusammen gegen diejenigen, die uns spalten möchten!

Weitere Informationen und Mobimaterial gibt es auf der Website www.keine-stimme-den-nazis.org