Aktuelle Situation in Afghanistan

Die Entwicklungen in Afghanistan erschüttern uns zutiefst. Immer wieder erreichen auch uns in diesen Tagen Hilfegesuche und Fragen, was in der aktuellen Situation getan werden kann. Dazu möchten wir hier einige Informationen bereitstellen:

In Hamburg:

Demo „Solidarität mit der afghanischen Bevölkerung – Bleiberecht und sichere Fluchtwege für alle“ am Sonntag, 22.08., 17 Uhr am Jungfernstieg

Am Montag, 23.08. um 18 Uhr, findet in der Hauptkirche St. Jacobi ein Gebet für Afghanistan statt

Informationen zu Ausreisemöglichkeiten aus Afghanistan:

Der Niedersächsische Flüchtlingsrat stellt aktuelle Informationen bezüglich der Ausreise aus Afghanistan zusammen: https://www.nds-fluerat.org/50123/aktuelles/ausreise-aus-afghanistan-aktuelle-informationen/

Für Ortskräfte deutscher Organisationen/Einrichtungen sowie Afghan:innen mit deutschem Aufenthaltstitel hat das Auswärtige Amt eine Telefonnummer und E-Mail-Adresse eingerichtet, bei der man Fälle melden kann.

Mail: 040.krise19@diplo.de
Phone: 0049 (0)30-1817-1000 oder 00 49 (0)30-5000-1000

Zwingend darin enthalten sein müssen / The email must include the following information:

  • Namen aller Personen (Names of all persons)
  • Geburtsdaten (Dates and Places of birth)
  • Passnummern (Passport Numbers)
  • Staatsangehörigkeit (Nationality)
  • Erreichbarkeit (Handy, E-Mail usw.) (Availability (Mobile phone, E-Mail etc.))

Spendenmöglichkeiten:

Auf dieser Seite des Hamburger Abendblatts sind Spendenmöglichkeiten aufgelistet: https://www.abendblatt.de/vermischtes/article233073213/afghanistan-spenden-hilfe-vereine-organisationen.html

Online aktiv werden:

Über die Seite www.kabulluftbruecke.de können einfach und schnell Anschreiben an die Wahlkreis-Vertreter*innen verschickt werden mit Forderungen zur Aufnahme und Evakuierung von Menschen in Afghanistan.

Über change.org läuft eine Petition für sichere Fluchtwege aus Afghanistan: https://www.change.org/p/schafft-sichere-fluchtwege-aus-afghanistan-kabul-taliban

Stellungnahmen und Analysen:

Stellungnahme und Forderungen von ProAsyl, RAV u.a.

PM_Afghanistan_Rechtsbruch-beenden-Aufnahme-jetzt.pdf

ProAsyl: Flucht aus Afghanistan: Was Deutschland jetzt machen muss (https://www.proasyl.de/news/flucht-aus-afghanistan-was-deutschland-jetzt-machen-muss/)

Stellungnahme der Bundesweiten Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge und Folteropfer (BAfF)

Pressemitteilung-BAfF-zu-Afghanistan.pdf

Afghanistan – Ronja von Wurmb-Seibel

Liebe Freund:innen, Kolleg:innen und Bekannte! 

Ich schreibe euch heute mit der Bitte, Ihre und eure Aufmerksamkeit einem Thema zu widmen, dass mir gerade jeden Tag aufs Neue das Herz bricht: Afghanistan und die Situation der Menschen, die dort leben.

Seit mehreren Wochen sind die Taliban auf dem Vormarsch. Sie erobern nicht nur immer mehr Dörfer, sondern auch Provinzhauptstädte wie Kundus und Faisabad. Einige Menschen, die an diesen Orten gewohnt haben, schaffen es, mit ihren Familien irgendwie nach Kabul zu gelangen, um dort als Geflüchtete im eigenen Land zu leben. Andere müssen sich von einem auf den anderen Tag auf ein komplett neues Leben mit massiven Einschränkungen, Unterdrückungen, Gefahren und Gewalt einstellen. Bei sehr vielen Menschen wächst die Angst, dass sogar Kabul von den Taliban eingenommen werden könnte. 

Im Krieg in Afghanistan geht es momentan nicht nur darum, wer in welcher Provinz die Vorherrschaft gewinnen kann. Künstler:innen, Journalist:innen, Aktivist:innen werden gezielt ermordet, ebenso diejenigen, die mit der afghanischen Regierung und Ausländer:innen zusammengearbeitet haben. Laut UN wurden allein im letzten Monat mehr als 1.000 Zivilist:innen getötet. Die Zahl der Kinder, die im Krieg sterben, steigt Laut UN von Tag zu Tag. Zusätzlich zur Gewalt des Krieges haben die Menschen in Afghanistan massiv unter Corona sowie unter einer Dürre und einer damit einhergehenden Hungersnot zu kämpfen. Selbst die Hoffnungsvollsten von denjenigen, die ich in Afghanistan kennengelernt habe, sehen momentan kaum noch einen Ausweg.

Die Menschen in Afghanistan haben in den letzten 45 Jahren mit allen denkbaren Mitteln für Frieden gekämpft: Mit Kunst, mit Wissenschaft, mit Sport, mit wochenlangen Friedensmärschen, mit Demonstrationen, mit Bildung, mit Theater, mit Filmen, mit Büchern, Gedichten, Graffiti, mit Spendenaktionen, Protesten, mit Journalismus, der mutiger ist, als ich es irgendwo sonst erlebt habe. Nirgendwo sonst habe ich so viele junge Menschen kennengelernt, die alles dafür tun, um ihr Land und ihre Gesellschaft irgendwie aus dem Schlamassel zu bringen. 

Die deutsche Regierung war, wie viele andere westliche Regierungen, in den letzten 20 Jahren massiv an allem beteiligt, was jetzt zu diesem brutalen Chaos geführt hat. Die afghanische Gesellschaft nun ohne Unterstützung darin versinken zu lassen, kommt mir so brutal vor, dass ich weder daran glauben noch akzeptieren will, dass es so passiert. 

Diejenigen von euch und Ihnen, die mich persönlich kennen, wissen, dass ich nicht gern und nicht oft um Hilfe frage. Jetzt aber bitte ich Sie, jetzt bitte ich euch von ganzem Herzen: Wenn Sie irgendwie können, leihen Sie Ihre Zeit und Ihre Aufmerksamkeit den Menschen in Afghanistan. Es gibt dafür mehrere Möglichkeiten: 

1. Unterstützen Sie Petitionen für ein Visa-Programm für diejenigen, die in den letzten Jahren mit der Bundeswehr und anderen deutschen Ministerien gearbeitet haben und dabei ihr Leben riskiert haben. Viele von ihnen werden schon jetzt massiv bedroht, teilweise auch angegriffen. Ich und viele andere haben vor inzwischen acht (!) Jahren das erste Mal über das Thema berichtet. Die Problematik ist bekannt, passende Lösungen auch. Was fehlt ist der politische Wille. Petitionen können ein wichtiger Schritt dabei sein, diesen zu verändern. So wurden zum Beispiel heute Abschiebungen nach Afghanistan aus Deutschland ausgesetzt, unter anderem, weil zahlreiche Organisationen und Privatpersonen dies gefordert hatten. 

Link zur Petition: https://weact.campact.de/petitions/aufnahme-der-ortskrafte-aus-afghanistan-die-die-bundeswehr-unterstutzen

Um die Petition zu unterstützen, können Sie sie auch in Ihrem jeweiligen Umfeld streuen. 

2. Kontaktieren Sie Ihre lokalen Politiker:innen und machen Sie sie auf das Thema aufmerksam. Teilen Sie Ihnen mit, (natürlich nur falls dem so ist), dass das Thema Afghanistan sowie eine gerechte Asylpolitik für Sie bei der nächsten Wahl entscheidend sein werden.

3. Jede/r von uns kennt Menschen, die Einfluss haben, und sei es nur ein bisschen: Lehrer:innen, Unternehmer:innen, Prominente, Musiker:innen, Sportler:innen, Lokalpolitiker:innen, Gemeindevorstände, Schülersprecher:innen… Sprechen Sie mit Ihnen und machen Sie sie auf die Situation in Afghanistan aufmerksam und warum es wichtig ist, die Menschen vor Ort weiter zu unterstützen. 

4. Wenn Sie finanziell unterstützen möchten: Wir haben in den letzten Jahren intensiv und häufig mit dem Afghanischen Frauenverein zusammengearbeitet. Er wurde von afghanischen Frauen, die in Deutschland im Exil leben, gegründet und unterstützt in Afghanistan an den Stellen, an denen es am nötigsten ist: mit Schulen für Mädchen und Jungen, mit Brunnen in verschiedenen Dörfern, die die Menschen mit dem wichtigsten überhaupt, mit sauberem Wasser, versorgen, mit Programmen für Frauen, die Unterstützung brauchen. Roger Willemsen war bis zu seinem Tod Schirmherr des Vereins. Seither übernimmt Herbert Grönemeyer diese Rolle. Ich weiß aus erster Hand, dass der Verein sehr gute Arbeit leistet und dass das Geld bei denjenigen landet, die es benötigen. Anders als bei großen Organisationen sind die Verwaltungskosten minimal – und transparent. Eine genaue Aufschlüsselung finden Sie hier: https://www.afghanischer-frauenverein.de/ueber-uns/#transparenz

Die Vorsitzende Nadia Nashir hat gestern im Morgenmagazin die aktuelle Lage in Afghanistan beschrieben: https://www.zdf.de/nachrichten/zdf-morgenmagazin/afghanistan-sicherheit-katastrophal-100.html Einige von Ihnen kennen sie vielleicht aus TV-Sendungen wie Markus Lanz: https://www.zdf.de/gesellschaft/markus-lanz/markus-lanz-vom-22-juli-2021-100.html 

Wenn Sie den Verein unterstützen wollen, finden Sie hier alle notwendigen Infos: https://www.afghanischer-frauenverein.de/so-helfen-sie-uns/#spenden

5. Wenn Sie Menschen in Ihrem Bekanntenkreis haben, die in Afghanistan aufgewachsen sind, bieten Sie Ihnen nicht nur Ihr Mitgefühl, sondern auch Ihre Unterstützung an. Alle, die ich kenne, sind momentan in kaum auszuhaltender Sorge um ihre Familien und Freund:innen, die noch in Afghanistan leben. Ein offenes Ohr, Essen, das Sie vorbeibringen, oder einfach eine kurze Nachricht, die Mut zuspricht, kann wenigstens für einen kurzen Moment helfen. 

Kein anderes Land hat mich so geprägt wie Afghanistan. Das liegt, ausschließlich, an den Menschen, die mir dort begegnet sind. Sie haben nicht nur geprägt, auf welche Art ich meine Geschichten erzähle. Sie haben auch geprägt, wer ich bin. Wenn Sie meine Arbeit schätzen, freue ich mich, wenn Sie diejenigen unterstützen, die ganz entscheidend dazu beigetragen haben, dass ich sie überhaupt mache.

Tausend Dank, von ganzem Herzen, für Ihre und eure Hilfe!

Ronja 

Aufnahme aus Afghanistan

Gemeinsame Pressemitteilung vom 17.08.2021

Diakonie, Brot für die Welt und Diakonie Katastrophenhilfe: Unbürokratische Aufnahme besonders gefährdeter Personen aus Afghanistan jetzt notwendig!

Berlin, den 17.08.2021 – Wegen der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan befinden sich erneut viele Menschen auf der Flucht – im Inland und über die Grenzen in die Nachbarländer. Dazu erklären die Präsidentin von Brot für die Welt und der Diakonie Katastrophenhilfe, Dagmar Pruin, und der Präsident der Diakonie Deutschland, Ulrich Lilie:

Dagmar Pruin: 

„Viele Menschen, die sich in den letzten Jahren – auch mit Geldern der deutschen und internationalen Entwicklungszusammenarbeit – für den Aufbau von Demokratie, Menschenrechten und einer kritischen Zivilgesellschaft stark gemacht haben, sind jetzt in akuter Lebensgefahr. Was wir dringend brauchen, sind großzügige Schutzkontingente und die sofortige Evakuierung dieser besonders gefährdeten Personengruppen.

Schon vor der Machtübernahme der Taliban waren die Lebensumstände vieler Menschen in Afghanistan verzweifelt. Elf Millionen Menschen litten unter Hunger, mindestens 390.000 Menschen wurden seit Jahresbeginn vertrieben. Leider müssen wir davon ausgehen, dass sich die Not jetzt weiter verschärft. Wir werden alles dafür tun, dass wir unsere humanitären Hilfsprojekte im Land fortführen können.“

Ulrich Lilie:

„Deutschland und die EU müssen den Tatsachen ins Auge blicken: Es steht angesichts des Unrechtsregimes der Taliban eine neue Fluchtbewegung bevor. Erstzufluchtstaten wie Iran, Pakistan und Türkei brauchen Unterstützung, damit sie diese Menschen aufnehmen und mit dem Nötigsten versorgen können. Perspektivisch müssen Resettlement-Programme zur Aufnahme in der gesamten EU und natürlich auch in Deutschland entstehen. Niemand muss vor der neuen Aufnahme von Geflüchteten Befürchtungen haben. Etliche erfolgreiche Projekte haben gezeigt: Die Integration von Geflüchteten gelingt, sie ist aber kein Selbstläufer. Dazu braucht es Geduld, Engagement und einen langen Atem – auch in der Politik. Für Menschen, die bereits früher nach Deutschland geflohen sind, brauchen wir außerdem eine Bleiberechtsregelung, die unabhängig von einer Einzelfallprüfung für ein humanitäres Aufenthaltsrecht sorgt. Denn spätestens jetzt muss jedem klar sein: Weitere Abschiebungen sind nicht zu verantworten.“ 

Stephan Röger, stellv. Pressesprecher Diakonie Deutschland, Telefon: 030 65211 1780, pressestelle@diakonie.de

Renate Vacker, Pressesprecherin Brot für die Welt, mobil: 0174 302 0158, renate.vacker@brot-fuer-die-welt.de 

Thomas Beckmann, Pressesprecher Diakonie Katastrophenhilfe, mobil: 0174 181 0175, thomas.beckmann@diakonie-katastrophenhilfe.de

Weiterhin kursiert unter anderem die nachfolgende Mailadresse, an die sich Menschen mit dringendem Evakuierungsbedarf und Bezug zu Deutschland wenden können. Auch wenn wegen der Notbesetzung der deutschen Botschaft am Kabuler Flughafen sicher kaum adäquat registriert und reagiert werden kann – heute Morgen ist ein Maschine mit nur 7 Personen an Bord ausgeflogen worden – , ist es doch wichtig, die Bedarfe und Gefährdungslagen aus unserer Sicht auch bei Menschen mit Familiennachzugsansprüchen sichtbar zu machen.

Es gibt folgende Mailadresse für Ortskräfte deutscher Organisationen/Einrichtungen sowie Afghan:innen mit deutschem Aufenthaltstitel, bei der man Fälle melden kann.

Mail an 040.krise16@diplo.de

Zwingend darin enthalten sein müssen:

    Namen aller Personen
    Geburtsdaten
    Passnummern
    Staatsangehörigkeit
    Erreichbarkeit (Handy, Email usw.)

Wichtig: man erhält keine Rückmeldung! Wenn man keine Fehlermeldung erhält, heißt das, dass die Mail durch ging. Man wird dann kontaktiert, wenn man evakuiert wird.

Sehr frustrierend: Es ist nicht geplant, Personen zu evakuieren, die derzeit auf Familienzusammenführung warten.

zu-recht-kommen: das bunte Programm weiterhin online

Vom 23.-29. August 2021 fand die Veranstaltungswoche zu den Themen Migration, Flucht und Asyl statt. In ganz Hamburg gab es Workshops, Konzerte, Open-Air Kino, Diskussionen, Sport, Stadtrundgänge und vieles mehr….

Auf der Seite www.zu-recht-kommen.org findet sich das Programm weiterhin zur Kenntnis und bei einigen Veranstaltungen der Link zum Anschauen der Online-Veranstaltungen oder der aufgenommenen Beiträge.

„Hamburg ist auch meine Perle“

Am 13.06.21 hat das neue Bündnis “Hamburg hat Platz” eine Land- und Wasserdemo  auf und neben der Alster veranstaltet. Unter dem Motto “Landesaufnahmeprogramm jetzt!” nahmen über 200 Teilnehmende an Land sowie auf dem Wasser teil.
Die Route der Demonstration startete an der Kennedybrücke beim Alsteruferpark, verlief am östlichen Alsterufer entlang und endete mit einer Abschlusskundgebung beim Gästehaus des Hamburger Senats am Feenteich. Es gab u.a. Redebeiträge von Afghan House, der Refugee Law Clinic Hamburg und der Grünen Jugend Hamburg.

Das neugegründete Bündnis besteht aus unterschiedlichen Gruppen, darunter u.a. das Afghan House, der Flüchtlingsrat Hamburg, der AStA der Uni Hamburg, die Refugee Law Clinic Hamburg, die Grüne Jugend Hamburg sowie die Seebrücke Hamburg. Gemeinsam fordert das Bündnis “Hamburg hat Platz” den Hamburger Senat und die Hamburger Bürgerschaft dazu auf, ein Landesaufnahmeprogramm für Menschen aus den Lagern an den EU-Außengrenzen zu beschließen und umzusetzen. Darüber hinaus wird die Stadt Hamburg aufgefordert, sich mit ihrem Einfluss in der Bundespolitik für die Voraussetzungen einer sicheren Aufnahmen sowie für sichere Fluchtwege einzusetzen.

Die Demo war nur ein erstes Zeichen, weitere Veranstaltungen sind geplant. Folgen sie uns dazu auf social media: Facebook: https://www.facebook.com/HamburgHatPlatz – Twitter: https://twitter.com/hamburghatplatz – Instagram: https://instagram.com/hamburghatplatz

Am Ende der Demo stand eine bewegende Kundgebung. Die Redebeiträge von Mehria Lührig, Leiterin der Refugee Law Clinc und Amanullah Ashuftah, Integrationsbeautragter der RefugeeLaw Clinic – KnowYourRights und AfghanHouse e.V. finden sie auf Social Media und hier:

Mehria Lührig, Leiterin der Refugee Law Clinc

Schön, dass wir heute so viele hier beisammenhaben und uns für Rechte der Menschen an den EU-Außenlagern einsetzen.

Mein Name ist Mehria und ich bin Anwältin und Leiterin der Refugee Law Clinic Know Your Rights. Heute spreche ich als Sprecherin des Bündnis Hamburg hat Platz.

Wir sind heute hier beim Gästehaus des Senates, denn wir haben in Hamburg Platz für Gäste und neue Mitbürger. 

Wir vom Bündnis Hamburg hat Platz, bestehend aus 

AG Flucht im Bündnis SoliStadt

AG kirchliche Flüchtlingsarbeit

AStA der Uni Hamburg

Flüchtlingsrat  

Grüne Jugend 

Interventionistische Linke 

Refugee Law Clinic 

Sea-Eye 

Seebrücke

unterstützt von zahlreichend anderen aktiven Institutionen, wie der Juso Hochschulgruppe oder auch AfghanHouse, die gleich noch sprechen werden

fordern Menschlichkeit. Wir fordern nichts Unmögliches, wir fordern nichts Unverschämtes, wir fordern, was jedem Menschen zusteht. Das Recht auf ein sicheres Leben. Das ist ein normales menschliches Bestreben. 

Unsere Verfassung, unser höchstes Gut, egal, ob in Deutschland oder woanders auf der Welt, ist die Menschenwürde. In der deutschen Verfassung geregelt in Art. 1 I 1 GG heißt es „die Würde des Menschen ist unantastbar“!. Die systematisch normative Einorndnung zeigt schon, dass kein Wichtigeres höherrrangiges GRUNDRECHT existiert. 

Dieses nationale Recht gilt aber eben nicht nur national. In der Eurpäischen Menschenrechtskonvention ist in Art. 1 EMRK die Verpflichtung zur Achtung der Menschenrechte normiert. 

Weiter ist in Art. 2 EMRK klar, unmissverständlich und eindeutig festgehalten, dass JEDER Mensch das Recht auf Leben hat

Art. 3 EMRK verbietet unmenschlische oder erniedrigende Behandlungen. 

In Art. 5 I 1 EMRK eben dieser europäischen Menschenrechtskonvention heißt es wörtlich „jede Person hat das Recht auf Freiheit und Sicherheit. 

Daraus ergibt sich eben auch, dass DIE Menschenwürde von JEDEM Menschen unantastbar ist und das jede Person diese so eben genannten Rechte besitzt und das unahängig davon, von wo jemand ursprünglich herkommt oder wo er sich befindet. 

Wir fordern Menschlichkeit!

Wenn wir in Kenntnis der Zustände von den Lagern für Schutzsuchende uns diese unmenschlichen Gegebenheiten vor Augen führen, von was für einer Menschenwürde oder was für einem Recht auf Leben in nicht unmeschnlichen oder erniedrigenen Zuständen wird denn da gesprochen?! Um es nochmal in aller Deutlichkiet zu sagen Die Defimition Personen heißt Mensch und die Definition Mensch lautet: selbstdenkendes, unabhängiges, HOCHENTWICKELTES Lebewesen. Die Begrifflichkeit unterscheidet nicht zwischen Menschen aus Syrien, Afghanistan, Deutschland oder Norwegen. Wieso wird dann aber ein Unterschied bei diesen hilfs- und schutzsuchenden Menschen getätigt. Jeder Mensch hat diese Rechte. Das Recht auf Leben, das Recht auf Sicherheit. 

Wir fordern Menschlichkeit!

Die Welt, die EU, Deutschland, Hamburg schaut sehenden Auges zu, wie eben dieses höchste – vermeintlich – wichtigtstes (Rechts-)gut mit Füßen getreten wird. Tag für Tag, Stunde für Stunde, von Minute zu Minute. Jetzt gerade in dieser Sekunde, in der ich zu Ihnen spreche.

Deshalb stehen wir gemeinsam auf und geben diesen Menschen eine Stimme und fordern Hamburg auf

  1. mindestens 1.000 Menschen von den EU-Außengrenzen über ein  Landesaufnahmeprogramm aufzunehmen
  2. einen Beitrag der Stadt Hamburg, um die Lager vollständig zu evakuieren und aufzulösen.
  3. als generelles Ziel fordern wir sichere und legale Fluchtwege zu schaffen. Hierbei muss Hamburg sich auf Bundesebene und in Europa aktiv dafür einsetzen.

Schließlich fordern wir, dass bei einer Ablehnung durch die Bundespolitik alle Rechtsmittel genutzt und die rechtlichen Voraussetzungen für eine sichere Aufnahme geschaffen werden. 

Wir fordern hier nicht etwas aus reiner Emotion, Empathie oder Sympathie heraus, sondern wir fordern das geltende Recht ein. 

In der Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen ist dies noch deutlicher festgehalten. Der Wortlaut von Art. 1 lautet: „ALLE Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren“. Art. 2 der Erklärung wiederrum lautet und ich zitiere: 

„Jeder hat Anspruch auf alle in dieser Erklärung verkündeten Rechte und Freiheiten, ohne irgendeinen Unterschied, etwa nach Rasse, Hautfarbe, Geschlecht, Sprache, Religion, politischer oder sonstiger Anschauung, nationaler oder sozialer Herkunft, Vermögen, Geburt oder sonstigem Stand“

Wie also kann es sein, dass diesen Menschen ihr Anspruch auf Hilfe und Schutz verwehrt wird?!

Wir  – das Bündnis Hamburg hat Platz – fordern die Einhaltung, die Wahrung und die Umsetzung vom geltenden Recht.

Wir fordern die Achtung der Menschenwürde und das daraus resultierende Recht auf Freiheit, Leben und Sicherheit.

Wir fordern Menschlichkeit!

Amanullah Ashuftah, Integrationsbeautragter der RefugeeLaw Clinic – KnowYourRights und AfghanHouse e.V.

Hallo alle zusammen. Erstmal möchte ich mich bedanken, dass Sie alle sich heute die Zeit genommen haben, um für die Grundrechte von Menschen, die ihr Vaterland verlassen mussten, sich einsetzen.

Reden ist Können und ich kann. Aber eine fremde Sprache zu können, ist Kunst und ich bin kein Künstler. Daher entschuldige ich mich vorab.

Mein Name ist Aman Ashuftah und ich spreche heute zu Ihnen als Vertreter der Refugee Law Clinic.

Ich bin einer dieser Menschen, die 1989 aus Afghanistan mit seiner Familie nach Deutschland flüchtete. Ich habe mein Vaterland, meine Eltern, Geschwister, Verwandte, meine Freunde und mein ganzes Leben aufgegeben, um meine Tochter, die hier heute die Eröffnungsrede hielt, das Leben zu retten. Ich kann sagen, dass niemand alles stehen und liegen lässt und sein gesamtes Leben aufgibt, wenn er nicht den Tod fürchtet. Man verlässt aus Angst seine Heimat auf dem Weg in das Ungewisse. Man ist auf der Flucht. Ich bin zu Fuß über die Gebirge gelaufen. Meine Frau hatte meine Tochter an ihren Körper festgebunden, weil sie noch zu klein war. Drei Tage und drei Nächte sind wir über die Berge gelaufen bis wir in Peshawar, Pakistan ankamen. Immer noch nicht in Sicherheit, immer noch voller Angst. Wie viele Menschen ich habe sterben sehen, wie viele Leichen, Körperteile überall waren. Tagsüber haben wir uns in Berghöhlen versteckt und nachts sind wir gelaufen, dass man uns nicht entdeckt. Diesen Weg auf sich zu nehmen, war keine einfache Entscheidung. Aber wir haben es geschafft bis nach Hamburg. Angefangen in einem Asylheim bis zu dem, wo wir heute sind. Ich habe drei Kinder. Meine älteste Tochter haben sie heute sprechen hören. Sie ist Anwältin und sozial engagiert und entsprechend aktiv. Sie ist unter anderem Leiterin der Refugee Law Clinic – KnowYourRights. Mein Sohn hat vor zwei Wochen geheiratet, er ist Wirtschaftsinformatiker bei der Lufthansa. Mein jüngstes Kind, meine Tochter Yasmin wird morgen 25 und ist angehende Mikrobiologin. Dieses Recht auf Leben, das Recht auf Sicherheit darf nicht vom Zufall abhängen, wo man geboren wurde. Ich bin geflüchtet und hatte das Glück, es hier her in meine neue Heimat zu schaffen. Hamburg ist auch meine Perle und das sage ich voller Stolz. Das, was ich mir für meine Familie hart erkämpft und erarbeitet habe, das wurde mir nicht einfach geschenkt. Hier angekommen, war ich mir keiner Arbeit zu schade. Ich bin studierter Flugzeugbauingenieur und ich habe als Tellerwäscher, Gärtner, auf dem Bau, Zeitungsträger, als Handwerker gearbeitet, bis ich mich selbstständig machte und nach 8 Jahren Aufenthalt ein Eigenheim für meine Familie baute. Heute bin ich Dolmetscher und Übersetzer und Taxifahrer bei HansaTaxi. Eben dieses Leben, diese Freiheit darf kein Sonderprivileg sein. Die Mutter aus Afghanistan, der Vater aus dem Irak, die Schwester aus Somalia, sie alle haben dieselben Rechte wie die Großeltern aus Dänemark, die Tante aus den Niederlanden, der Onkel aus den USA. Wie meine Tochter schon sagte, es sind alles Menschen. 

Niemand nimmt diese Gefahr auf sich, um die Asylbewerberleistungen hier zu erhalten. Niemand verlässt sein Leben, um dann diesen unsicheren Weg zu gehen in der Ungewissheit, wo es einen hinführen wird. In ein Land, dessen Sprache man nicht spricht, in ein Land, in dem man niemanden kennt, in ein Land, das einem so fremd ist. Und selbst wenn man es geschafft hat, ist es nicht leicht, sich dann ein Leben aufzubauen. Es gibt immer Menschen, die einem – auch heute noch – deutlich machen, dass man nicht erwünscht ist. Ich habe aber niemanden etwas weggenommen, mir wurde mein Leben genommen. Ich habe das Recht mit meiner Frau und meinen Kindern in Sicherheit zu leben. So wieder jeder anderer Mensch auch. Die Menschen, die einem vorwerfen, man würde ihnen vermeintlich etwas wegnehmen, kennen viele Fakten nicht. Nämlich, dass es nicht nur eine Bereicherung für die Gesellschaft ist, sondern auch wirtschaftlich gesehen nach den Statistiken es fakt ist, dass Menschen mit Migrationshintergrund einen nicht unwesentlichen positiven Wirtschaftsfaktor mit sich bringen. 

Wir müssen gemeinsam für die Menschlichkeit aufstehen und laut werden. Es ist unsere menschliche Pflicht, die Rechte anderer nicht zu verwehren, die wir uns selber nehmen.

Wir sind heute hier beim Gästehaus des Senates, denn wir haben Platz.

Ich fordere hier heute nichts, was ich nicht für mich selbst auch fordern würde. Ich würde es wieder tun, wenn es sein muss!

Nochmals bedanke ich mich bei allen heute. Danke, dass Sie uns – dem Bündnis Hamburg hat Platz – unterstützen mit unseren Forderungen. 

Keine Abschiebungen bei drohenden Menschenrechtsverletzungen

„Menschen dürfen nicht sehenden Auges in die Gefahr schwerster Menschenrechtsverletzungen gebracht werden. Aus kirchlicher Perspektive steht fest: Die Rückkehr von geflüchteten Menschen in ihr Herkunftsland muss immer in Sicherheit und Würde erfolgen. Das ist aktuell insbesondere in Afghanistan und Syrien keinesfalls gewährleistet. In diese Länder sollte niemand zurückgeschickt werden.“

Pressemitteilung der deutschen Bischofskonferenz zum Thema Abschiebungen

Der kommissarische Vorsitzende der Migrationskommission der Deutschen Bischofskonferenz, Weihbischof Dr. Dominicus Meier OSB (Paderborn), und der Präsident des Deutschen Caritasverbandes, Prälat Dr. Peter Neher positionieren sich diese Woche klar gegen Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien.

Die Situation in Afghanistan war bereits in den letzten Jahren prekär. Durch den anstehenden Abzug der NATO-Truppen verschärft sich diese Situation noch weiter. Die steigende Anzahl terroristischer Angriffe der Taliban mit immer mehr zivilen Opfern und die faktische Unmöglichkeit, den eigenen Lebensunterhalt sichern zu können, sind die Folge, so die Stellungnahme. Mehr Infos zur Situation von Rückkehrenden auch im Bericht von Diakonie Deutschland, Brot für die Welt und Diakonie Hessen, hier.

Auch zu möglichen Abschiebungen nach Syrien findet die Pressemitteilung klare Worte. „Sowohl die politische als auch die humanitäre Situation in Syrien lässt keine Abschiebung zu, egal aus welchen Gründen“, kommentiert Prälat Neher die Überlegungen in der Politik, einzelne Abschiebungen in das Bürgerkriegsland Syrien durchzuführen. Neben dem weiter andauernden Bürgerkrieg, blickt Neher mit Sorge auf 80-90% der Bevölkerung, die unter der Armutsgrenze leben müssen. Überall im Land drohe Menschen nach einer Abschiebung unmenschliche Behandlung.

Den vollständigen Text finden sie hier.

Anlass der Pressemitteilung ist die vom 16.–18. Juni 2021 stattfindende Ständige Konferenz der Innenminister*innen und -senator*innen der Länder.

Hamburg hat Platz! Demo 13.06.2021

Hamburg hat Platz – Landesaufnahmeprogramm jetzt!
Die Situation in den Lagern an den europäischen Außengrenzen ist katastrophal und menschenunwürdig. Als Teil der europäischen Abschreckungspolitik werden geflüchtete Menschen gezwungen, unter unwürdigen Bedingungen auszuharren. In überfüllten, provisorischen Lagern sind sie in Zelten untergebracht, dürfen sich nicht frei bewegen. Es fehlt an Sanitäranlagen, sauberem Trinkwasser, Nahrung und medizinischer Versorgung. Das ist eine menschenrechtliche Katastrophe!
Wir nehmen diese Situation an den europäischen Außengrenzen nicht hin. Daher rufen wir als Bündnis Hamburg hat Platz für den 13.06.2021 um 12 Uhr zu einer Demo an Land und zu Wasser auf! 

Wir fordern…

  • die Aufnahme von mindestens 1.000 geflüchteten Menschen von den EU-Außengrenzen in Hamburg über ein Landesaufnahmeprogramm als ersten Schritt.
  • dass bei einer Ablehnung durch die Bundespolitik alle Rechtsmittel genutzt und die rechtlichen Voraussetzungen für eine sichere Aufnahme geschaffen werden.
  • einen Beitrag der Stadt Hamburg, um die Lager vollständig zu evakuieren und aufzulösen.
  • als langfristiges Ziel, sichere und legale Fluchtwege zu schaffen. Hamburg muss sich auf Bundesebene und in Europa aktiv dafür einsetzen.

 Alles Wichtige auf einen Blick:

Was? Demonstration an Land und zu Wasser

Wann? 13.06. um 12.00 Uhr

Wo? Wir treffen uns im Alsterpark an der Ecke Kennedybrücke / Alsterufer und starten mit den Booten am südwestlichen Ende der Außenalster.

Wohin? Die Route kreuzt die Alster Höhe Kennedybrücke und endet beim Gästehaus des Hamburger Senats (ca. 3km).

Womit? Mit eurem eigenen oder einem geliehenen Boot — oder zu Fuß! Wir können nur eine sehr begrenzte Anzahl Boote mieten. Es ist euch (organisatorisch, finanziell, aus persönlichen Gründen) absolut nicht möglich, ein Boot zu mieten? Schreibt uns bitte kurz unter hamburghatplatz@posteo.de. Oder nehmt einfach an Land teil!

Bitte achtet sowohl an Land als auch auf dem Wasser auf die Maßnahmen zum Infektionsschutz! Bitte tragt eine medizinische oder FFP2-Maske und haltet die Mindestabstände ein.

Unterstützende Organisationen (Stand 11.06.):

  • Afghan House e.V.
  • AG Flucht im Bündnis SoliStadt HH
  • AG kirchliche Flüchtlingsarbeit
  • AStA der Uni Hamburg
  • Flüchtlingsrat Hamburg e.V.
  • Grüne Jugend Hamburg
  • Hamburger Hilfskonvoi e.V.
  • Interventionistische Linke Hamburg
  • Juso Hochschulgruppe Hamburg
  • Refugee Law Clinic Hamburg
  • RESQSHIP e.V.
  • Sea-Eye, Lokalgruppe Hamburg
  • Sea-Watch e.V.
  • Seebrücke Hamburg
  • Welcome to Wandsbek
  • Westwind Hamburg e.V.

Abgeschoben nach Afghanistan

Diakonie Deutschland, Brot für die Welt und Diakonie Hessen haben die lang erwartete umfangreiche Studie zu abgeschobenen Afghanen von Afghanistan-Expertin Friederike Stahlmann herausgegeben.

Abgeschobenen Afghanen drohen der Studie zufolge Gefahr für Leib und Leben, Verelendung und Verfolgung. Unter anderem werde ihnen wegen der Flucht nach Europa Verrat, Verwestlichung, unmoralisches Verhalten oder die Abkehr vom Islam vorgeworfen. Auch die Familien von Europa-Rückkehrern sind gefährdet. Vor diesem Hintergrund fehlt den Rückkehrern vielfach das überlebenswichtige familiäre Netz.

Studie „Erfahrungen und Perspektiven abgeschobener Afghanen im Kontext aktueller politischer und wirtschaftlicher Entwicklungen Afghanistans“ sowie Fallbeispiele

Interview mit der Afghanistan-Expertin und Autorin der Studie Friederike Stahlmann

Bericht von ARD und DLF

Was fordert die Diakonie Deutschland auf Grundlage der Studie?

  1. Der geplante Abschiebeflug am 8.06.2021 muss unterbleiben.
  2. Die Bundesregierung und die Innenministerkonferenz (16.-18.Juni 2021) müssen die Lage neu bewerten und dürfen dies nicht Anwälten und Gerichten überlassen: Aus unserer Sicht lässt die Studie keine andere Konsequenz zu als einen generellen, bundesweiten Abschiebungsstopp nach Afghanistan.
  3. Die bereits inhaftierten Betroffenen müssen aus der Abschiebehaft entlassen werden. Evtl. Straftäter sollen ordnungsgemäß hier in Deutschland ihre Haft verbüßen.
  4. Die Studie belegt: Wir schicken die Menschen durch Abschiebungen nach Afghanistan sehenden Auges in den Tod oder in die Gefahr schwerster Verletzungen. Es bestehen spezifische Gefahren für Europa-Rückkehrer. Menschen dorthin abzuschieben, ist grob fahrlässig und bringt auch die dortigen sozialen und familiären Netzwerke der Betroffenen in Gefahr.
  5. Die Abschiebungen sind nicht nur rechtswidrig, sondern auch wirkungslos: Von 113 untersuchten Personen haben zwei Suizid begangen, 69 Prozent haben das Land bereits verlassen, 30 Prozent planen die erneute Flucht, nur eine Person will in Afghanistan bleiben.
  6. Auch Straftäter, sog. „Gefährder“ und „Identitätsverweigerer“ haben ein Recht auf Leben, einige Bundesländer schieben zudem Menschen ab, die sich nichts zu Schulden haben kommen lassen.
  7. Wir fordern eine rechtlich gesicherte Bleibeperspektive für die rund 30.000 afghanischen Ausreisepflichtigen. Sie sind zum Teil schon lange hier und trotz einer Duldung gut integriert. Auf absehbare Zeit kann nicht nach Afghanistan abgeschoben werden.

Gemeinsame Pressemitteilung von Diakonie Deutschland, Brot für die Welt und Diakonie Hessen:

Diakonie Deutschland, Brot für die Welt und Diakonie Hessen geben neue Studie zu abgeschobenen Afghanen heraus und fordern sofortigen Abschiebestopp

„Wir gefährden sehenden Auges das Leben dieser Menschen“

Berlin, den 4. Juni 2021 – Die Diakonie Deutschland, Brot für die Welt und die Diakonie Hessen fordern einen sofortigen Abschiebestopp nach Afghanistan. Einer am Freitag veröffentlichten Studie der Sozialwissenschaftlerin und Afghanistan- Expertin Friederike Stahlmann zufolge drohen abgeschobenen Afghanen Gefahr für Leib und Leben, Verelendung und Verfolgung. Unter anderem werde ihnen wegen der Flucht nach Europa Verrat, Verwestlichung, unmoralisches Verhalten oder die Abkehr vom Islam vorgeworfen. Auch die Familien von Europa-Rückkehrern sind der Studie zufolge gefährdet. Vor diesem Hintergrund fehlt den Rückkehrern vielfach das überlebenswichtige familiäre Netz. Bis auf einen Betroffenen haben alle bekannten Abgeschobenen das Land wieder verlassen oder planen dies. Zwei von ihnen haben Suizid begangen.

Die Studie „Erfahrungen und Perspektiven abgeschobener Afghanen im Kontext aktueller politischer und wirtschaftlicher Entwicklungen Afghanistans“ ist im Auftrag der Diakonie Deutschland, Brot für die Welt und der Diakonie Hessen entstanden. Die Untersuchung basiert auf einer mehrjährigen Forschung und dokumentiert die Erfahrungen von 113 der 908 zwischen Dezember 2016 und März 2020 aus Deutschland abgeschobenen Afghanen.

Diakonie-Präsident Ulrich Lilie: „Wir gefährden sehenden Auges das Leben dieser Menschen durch Abschiebungen nach Afghanistan und setzen sie der Gefahr lebensbedrohlicher Verletzungen und Verelendung aus. Dies ist mit der Europäischen Menschenrechtskonvention unvereinbar. Wir fordern die Bundesregierung auf, gemeinsam mit den Bundesländern einen generellen, bundesweiten Abschiebestopp nach Afghanistan zu beschließen. Der geplante Abschiebeflug am 8. Juni muss unterbleiben, die bereits inhaftierten Betroffenen müssen aus der Abschiebehaft freigelassen werden. Menschen dorthin abzuschieben, ist grob fahrlässig und bringt auch die dortigen sozialen und familiären Netzwerke der Betroffenen in Gefahr.“

Die Präsidentin von Brot für die Welt, Dagmar Pruin, mahnt an: „Die Lage im kriegs- und krisengebeutelten Afghanistan ist seit Jahren dramatisch und hat sich pandemiebedingt noch weiter verschlechtert. Die eskalierende Dynamik der massiven Verelendung der Bevölkerung und die Sicherheitslage müssen zu einer Neubewertung auch des Auswärtigen Amts führen. Es ist nun erstmals in umfangreicher Recherche belegt: Die meisten der Abgeschobenen sind erneut geflohen und befinden sich derzeit in verzweifelter Lage in Ländern wie Iran, Pakistan, Türkei und Indien – keineswegs sichere Aufenthaltsorte für afghanische Staatsangehörige. Der derzeitige NATO-Truppenabzug droht die Sicherheitslage weiter zu verschärfen.“

Carsten Tag, Vorstandsvorsitzender der Diakonie Hessen: „Die Ergebnisse unserer Studie müssen nun auch Konsequenzen für die rund 30.000 Ausreisepflichtigen aus Afghanistan haben. Sie sind zum Teil trotz einer Duldung hierzulande gut integriert und gehen einer Beschäftigung oder einer Ausbildung nach. Das BAMF muss jetzt seine Entscheidungspraxis zu Afghanistan überdenken und es nicht den Gerichten überlassen, Menschen vor der Abschiebung zu bewahren. Vielmehr sollte ihnen von Anfang an die Bleibeperspektive auch rechtlich zugesichert sein.

Allein im Jahr 2020 wurde in über 21.000 Fällen ein Widerruf der Flüchtlingseigenschaft für afghanische Geflüchtete geprüft. Das ist angesichts der derzeitigen Lage in Afghanistan absurd und verhindert das Ankommen in der Gesellschaft.“

Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat in einer am 3. Februar 2021 veröffentlichten Grundsatzentscheidung festgestellt, dass alleinstehende gesunde Männer im arbeitsfähigen Alter nicht abgeschoben werden dürfen, wenn weder ein soziales oder familiäres Netzwerk noch sonstige begünstigende Umstände vorliegen. Die neue Studie belegt nun, dass die Wahrscheinlichkeit für ein aufnahmewilliges soziales oder familiäres Netzwerk sehr gering ist, denn die Unterstützung Abgeschobener stellt aufgrund der weitverbreiteten Kollektivhaftung auch für ihre Familien eine erhebliche Gefahr dar. „Betroffene Familien versuchen entweder, sich zu schützen, indem sie den Kontakt verweigern, oder Abgeschobene müssen versteckt bleiben. Dieser soziale Ausschluss aufgrund der spezifischen Sicherheitsrisiken macht eine Reintegration oder eine Existenzgründung für Abgeschobene auch unabhängig von der derzeitigen Eskalation der Not nahezu unmöglich. Der Schutz des Lebens ist nicht garantiert, Abschiebungen nach Afghanistan müssen gestoppt werden“, so die Herausgeber.

Bericht von der Sea-Eye 4

Anfang Mai ging es los: von Spanien aus für die Sea-Eye 4 ins zentrale Mittelmeer, um Menschenleben zu retten. Mit zum Team gehört Dr. Stefan Mees, Arzt aus Hamburg. Monika Rulfs hat am Telefon mit dem Mediziner gesprochen.

„Es gab auf dieser Mission bisher viele Erlebnisse, die zutiefst emotional berühren und die ich mein Leben nicht vergessen werde. Ich bin dankbar, dass ich an dieser Mission teilnehmen kann und meine beruflichen Fähigkeiten zum Wohle dieser Menschen einsetzen kann.“

Stefan Mees im Gespräch mit Monika Rulfs

Der vollständige Bericht wurde auf kirche-hamburg.de veröffentlicht, und zwar hier.